Protest,
Rebellion - ja, gerne. Aber bitte mit Spaß und Freude - "Allegria".
Was als Motto über der feurigen Werkschau der spanischen Band Amparanoia
steht, hat tatsächlich programmatischen Charakter. Die Bandleaderin
Amparo Sánchez könnte eine Schwester des französischen
Ethnopunk-Pioniers Manu Chao sein, und tatsächlich ist es genau
dieser, mit dem sie "Rebeldia con alegria" eröffnet.
"En la noche" heißt der Opener, der das Tempo für
alle weiteren 15 Songs vorgibt: eine wilde, Energie geladene Mischung
aus Latin, Pop, Samba, Jazz, Reggae, Balkangrooves, Electrobeats, baskischer
Punk und Texmex-Wüstenrock à la Calexico ("Don't leave
me now" ist eine Kooperation von Amparanoia mit der texanischen
Band).
Amparo
Sánchez hatte Manu Chao in Madrid kennen gelernt. "Manu
ist der Mensch, der mich am meisten inspiriert und mir einen Weg für
Amparanoia aufgezeigt hat", erklärt sie rückblickend.
Mit ihm teilt sie ihre Begeisterung für überraschende Mixturen
unterschiedlichster Herkunft - je extremer, umso besser. Bolero, Chacha,
kubanischer Son, die weinenden Geigen osteuropäischer Roma; sie
alle finden bei Amparo ein neues Zuhause.
In
der Heimat von Amparo Sánchez hat der Austausch der Kulturen
eine lange Tradition. Bis zum Ende des Mittelalters lebten Christen,
Juden und Moslems im andalusischen Cordoba in vergleichsweise friedlicher
Koexistenz - bis zur Vertreibung der Juden und der Mauren aus Spanien
durch Königin Isabella. Dennoch haben sich die Spuren dieser
Kulturen erhalten und werden heute wieder verstärkt aufgegriffen,
beispielsweise durch Bands wie "Radio Tarifa" - oder auch
Amparanoia.
Soziales
und politisches Engagement ist für sie untrennbarer Bestandteil
der Musik. Seit einigen Jahren engagiert Amparo Sánchez sich
für die mexikanischen Zapatisten. Auf ihren Konzerten in Spanien
ruft sie zu Spenden auf, und inzwischen folgen auch andere Künstler
ihrem Beispiel. Bei allem Engagement lässt sie die Musikalität
jedoch nie aus den Augen. Keines ihrer Alben ist wie das andere, und
so gleicht die nun veröffentlichte Compilation "Rebeldia
con alegria" einem Parforce-Ritt durch Stile und Rhythmen, wie
er furioser wohl kaum sein könnte.
Allerdings:
"Rebeldia con alegria" gibt vermutlich kaum mehr als eine
Ahnung des wilden Feuerwerks,das Amparanoia auf der Konzertbühne
entfacht: Diese Musik gehört auf die Bühne.
©
Michael Frost, 05. Juni 2004