Die
"Abuela Coca", so erzählt die gleichnamige Band aus Uruguays
Hauptstadt Montevideo, sei eigentlich der Titel für eine besonders
alte Frau, die vom ganzen Wohnviertel wegen ihres Wissens um Heilkräuter
und Hausmittel konsultiert werde. Mit Kokain - "Coca" - habe
das gar nichts zu tun, so die neun Musiker, aber schon irgendwie mit
Medizin.
Auch
Musik kann schließlich heilende Kräfte entfalten, zumal
dann, wenn sie - gleich einem Zaubertrank - aus allerlei wirksamen
Substanzen zusammengerührt wird. Im Falle von Abuela Coca besteht
der belebende Mix aus Reggae, Jazz, Rocksteady, Punk, Rock und allen
möglichen Latinrhythmen, die dem Durchschnittseuropäer seit
Manu Chao nicht mehr gänzlich unbekannt sein dürften.
Hauptsache,
es groovt: Abuela Coca zielen mit ihrer therapeutischen Wirkung vor
allem auf Füße und Beine, allerdings sehr melodiös
und in vergleichsweise gemäßigtem Tempo. Tanzen als Medizin
für die gestresste Seele, ohne dabei den gesellschaftlichen Anspruch
zu vernachlässigen - Abuela Coca stehen damit ganz in der Tradition
engagierter lateinamerikanischer Kollegen. Fans ohne Spanisch-Kenntnisse
wären allerdings wohl dankbar für die Übersetzung ihrer
Texte im Booklet.
Für
Deutschland entdeckt wurde das aus acht Männern und einer Frau
bestehende Kollektiv durch das engagierte Hannoveraner Label "Übersee
Records", das sich seit einiger Zeit auf Energie geladene Bands
aus Südamerika spezialisiert hat - und dabei auf eine umwerfend
lebendige Szene stieß.
Was
für uns brandneu klingt, ist in Südamerika längst etabliert:
Abuela Coca spielen bereits seit über einem Jahrzehnt zusammen.
Die langjährige Erfahrung ist ihrem Sound deutlich anzuhören.
Denn bei aller Spontaneität und Lebendigkeit ihres Sounds wird
ebenso deutlich, wie ausgefeilt und durchdacht Melodien und Arrangements
tatsächlich sind. Man sollte sich allerdings nicht allzu theoretisch
mit dieser Musik auseinander setzen. Als Medizin wirkt sie nur bei
praktischer Anwendung!
©
Michael Frost, 22.05.2004