Sie
sind die "Drei Tenöre" des deutschen Liedermachertums:
Reinhard Mey, Konstantin Wecker, Hannes Wader. Sie sind weit mehr
als nur die profiliertesten Vertreter ihres Genres - vielmehr sind
sie dessen Begründer. Hannes Wader, der standhafte Politpoet,
dessen "Arbeiterlieder"-Platte in jeder friedensbewegten
WG-Küche zu Hause war, dessen dramatische Ballade "Es ist
an der Zeit" noch immer zu Tränen rührt; Reinhard Mey,
der den Alltag und alles, was menschlich ist, wie kein zweiter in
sanfte Songpoesie zu kleiden weiß; Konstantin Wecker, dessen
opulente Wortgewalt die Ausmaße des Trompetenchors von Jericho
erreichen kann, wenn er kompromisslos den Irrsinn der Weltpolitik
formuliert, die dafür Verantwortlichen benennt und niedermacht,
donnernd, dröhnend und schwitzend - ein Extremist im Dienste
des Guten und Wahren.
Man
nennt sie "Moralisten" und findet sie deshalb nicht selten
verdächtig. Der Musikmarkt betrachtet ihre Verweigerung der Oberflächlichkeit
als Mangel, weil es für sie seit der Einstellung der Konzert-Reihe
"Nacht der Lieder" kein Medienformat mehr gibt. Jenseits
ihrer eingeschworenen Fangemeinde scheint es, als ginge der "Liedermacher",
dessen Metier sie einst schufen, nach ihnen unter, doch weit gefehlt:
Sie sind die eigentlichen Wegbereiter einer deutschsprachigen Musikkultur,
ohne die zum Beispiel ein Herbert Grönemeyer nicht denkbar wäre.
Und
vieles, was sie schon vor Jahren sangen, hat an Aktualität nichts
verloren - im Gegenteil: "Als ich dieses Lied vor über fünfzehn
Jahren geschrieben habe, habe ich nicht gedacht, dass es sich eines
Tages bewahrheiten würde", sagt Konstantin Wecker über
seine Groteske "Im Namen des Wahnsinns". Heute dagegen könne
man das Lied durchaus beim Wort nehmen.
"Im
Namen des Wahnsinns" ist übrigens nur einer der Glanzpunkte
des knapp zweistündigen Mitschnitts eines Konzertes, das Wader,
Wecker und Mey im Juni 2002 in Bielefeld gaben. Anlässlich seines
60. Geburtstages hatte Hannes Wader seine beiden Wegbegleiter zu dem
Auftritt in seiner Heimatstadt eingeladen. Mit Reinhard Mey verbindet
Hannes Wader eine bald 40-jährige Freundschaft. Die beiden tingelten
Mitte der 1960er Jahre gemeinsam durch die Lande und legten so gemeinsam
den Grundstein ihrer Karriere. Der Kontakt zwischen ihm und Konstantin
Wecker sei später entstanden, schreibt Wader im Begleittext zur
Live-CD. In der jüngeren Vergangenheit war das Gespann Wecker
& Wader gemeinsam auf Tour.
Ihr
Auftritt als Trio, zusätzlich von Jo Barnikel (Keyboards) begleitet,
ist ein mitreißendes Zeugnis ungebrochener Vitalität und
großer Gemeinsamkeiten. Trotz ihrer unterschiedlichen Wege sei
die Übereinstimmung groß, betonen alle drei. Er habe in
Hannes Wader von Anfang an einen "Seelenverwandten" gefunden,
schrieb Reinhard Mey. Und Konstantin Wecker: "Wir wollten eigentlich
immer das Gleiche: Uns selbst begegnen in unseren Liedern."
Spontan,
ungefiltert und voller Spiel- und Sangesfreude präsentieren sich
die drei Songpoeten in Bestform, jeder mit einigen seiner schönsten
Lieder, sämtlich mit viel Gespür für den Anlass gewählt,
viele davon gemeinsam mit den Freunden vorgetragen, gespickt mit einigen
Erinnerungen, unverklärt, warmherzig und humorvoll, sprich: menschlich.
Dieses
Lied habe er bereits zu Hannes Waders 25. Geburtstag gesungen, so
Reinhard Meys schmunzelnde Einleitung zu "Ich wollte wie Orpheus
singen", und augenzwinkernd wird deutlich, wie viel Zeit seit
dem Anfängen der zwei "Heißsporne" (Mey über
Mey&Wader) vergangen ist, aber auch die Freude darüber, einander
noch gewiss sein zu können.
Mey
ist es auch, der bereits im ersten Teil des Konzerts das Lied beisteuert,
das gewissermaßen als "Credo" nicht allein des Abends,
sondern überhaupt als Motto der drei Liedermacher gelten kann:
"Da
lob ich mir ein Stück Musik von Hand gemacht,
noch von einem richt'gen Menschen mit dem Kopf erdacht.
'ne Gitarre die noch wie eine Gitarre klingt
und 'ne Stimme die sich anhört als ob da einer singt.
Halt ein Stück Musik aus Fleisch und Blut,
meinetwegen auch mal mit 'nem kleinen Fehler, das tut gut."
©
Michael Frost, 25. Januar 2003
Foto: hanneswader.de