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Sinn & Verstand


Weit untertrieben ist "Ich gucke nur", Titel des Debüt-Albums von Masen, einem jungen Chansonnier aus Berlin mit familiären Wurzeln in Syrien.
Nein, Masen belässt es längst nicht beim "gucken", sein Album geht deutlich darüber hinaus. Masens Musik arbeitet, wie man beim Hören sofort und unschwer erkennen wird, mit sämtlichen Sinnen.

Doch von Anfang an: Der 1963 in Damaskus geborene, aber in Berlin aufgewachsene Masen Abou-Dakn hat eine fundierte künstlerische Ausbildung hinter sich, die sowohl Musik in unterschiedlichen Sparten als auch Schauspiel und Regie beinhaltet. Er schreibt Dialogbücher und Songtexte für Film- und Fernseh-Synchronisationen, war seit den 80er Jahren in unterschiedlichen Formationen als Musiker unterwegs, bis er 1995 mit "Alles nur für dich" sein eigenes Programm auf die Beine stellte.

Jetzt also folgt auch die eigene Platte. Auf Samplern war er schon früher zu hören, doch "Ich gucke nur" ist tatsächlich das erste Solo-Werk mit elf von ihm selbst komponierten und getexteten Songs zwischen Pop, Bossanova und Chanson.

Was an "Ich gucke nur" zunächst auffällt, sind die hervorragenden und sehr zeitlosen Instrumentierungen und Arrangements. Verschiedene Gitarren, von Masen selbst gespielt, Percussions, Schlagzeug, Bass und Klarinette; alles akustische Instrumente, die dem Album seinen ehrlichen, harmonischen und vertrauten Charakter verleihen, und natürlich der Gesang: symphatisch, sinnlich, deutlich, warmherzig und authentisch, keinesfalls aufdringlich - Masen hat die Erfahrungen, die seinem Erstling zugrunde liegen, bestens genutzt und ein für einen deutschen Chansonnier ungewöhnlich schönes und mitreißendes Album veröffentlicht.

Ohne jeden Anflug sonst oft üblicher Weinerlichkeit deutschsprachiger Chansons präsentiert er sich auch textlich ansprechend und originell. Dass es zunächst schwer fällt, sich auf seine Geschichten einzulassen, liegt sicherlich am subjektiven Empfinden des Rezensenten, hat aber auch objektive Gründe: Wir sind gute deutschsprachige Chanson- und Poptexte einfach zu wenig gewohnt und laufen nach kontinuierlicher Verblödung durch allgegenwärtiges und primitivstes Schlager-Niveau Gefahr, intelligente und unterhaltende Texte gar nicht mehr zu erkennen, wenn wir sie hören - was im Falle Masens wirklich ein Verlust wäre.

Seine Themen sind die Facetten zwischenmenschlicher Beziehungen, kleine Alltagsbegebenheiten, Liebe, der erste Flirt, alles mit einigem Wortwitz erzählt, ohne dabei in peinliche Banalität einerseits oder überspannte Intellektualität andererseits abzugleiten.

Auch diese Fähigkeit macht ihn zum bemerkenswerten Neuzugang auf dem heimischen Plattenmarkt, der hoffen lässt, dass künftig noch mehr von ihm zu hören sein wird. "Ich gucke nur" - das wäre wirklich zu wenig ...

Michael Frost, 19. Januar 2002

 

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