Kuba 
          ist ein geteiltes Land. So sieht es jedenfalls Telmary Díaz, 
          Rapperin und Poetin, deren Musik vielleicht den Zeitgeist und die Weltsicht 
          der jungen Kubaner widerspiegelt, die sich zunehmend abseits der politischen 
          Lager des Landes positionieren.  
          Weder 
            von den alten Helden der Revolution noch von der Propaganda der Exilanten 
            wollen sich Telmary Díaz und ihre Musiker vereinnahmen lassen. 
            Sie sind die Grabenkämpfe leid: "Kubaner fragen sich, warum 
            sie mit dem Fluch belegt sind, geteilt zu sein ... // Wie lange noch 
            währt dieser Albtraum, die See überqueren zu müssen, 
            um dich zu sehen?" 
          Die 
            Textzeile stammt von der CD "Goza pepillo", die das eigens 
            gegründete Projekt verschiedener kubanischer Solo-Musiker nun 
            auch in Deutschland veröffentlicht. Zu "Interactivo" 
            gehören neben der bereits erwähnten Telmary Díaz 
            Bandleader Roberto Carcassés, die Sänger Yusa und William 
            Vianco sowie Son-Interpret Francis del Río. 
          Sie 
            eint das Ziel, die musikalischen Traditionen Kubas mit der internationalen 
            Musikszene zu vereinen. Also mixen sie frischen Latin-Pop mit traditionellem 
            Son à la Buena Vista mit Electro-Lounge, Jazz und Hiphop. Das 
            Ergebnis ist lebendig, unangepasst, unberechenbar und manchmal subversiv, 
            temporeich und leidenschaftlich. 
          Parallel 
            zu "Goza pepillo" erscheint auch das Solo-Album "A 
            diario" von Telmary Díaz. Mehr noch als in ihrer Arbeit 
            mit "Interactivo" verdeutlicht die Powerfrau darauf ihre 
            eigene Vision für zeitgemäße kubanische Musik. Vor 
            allem unabhängig will sie sein, und entwickelt die "Straßen-Dichterin" 
            (Pressetext) ihren Sound abseits der etablierten Musikindustrie. 
          "A 
            diario" entstand mit Unterstützung der Interactivo-Kollegen, 
            doch darüber hinaus suchte Telmary Díaz die Nähe 
            zur internationalen Szene, etwa zu den Kollegen von "Ojos de 
            Brujo", die in Spanien zur kreativen Szene Barcelonas zählen 
            und den Flamenco revolutionierten, indem sie ihn mit Punk, Rock und 
            anderenn Ethno-Sounds verknüpften. Zweifellos werden die Musiker 
            aus dem Interactivo-Umfeld in den kommenden Jahren noch für Furore 
            sorgen. 
          Schon 
            jetzt sind sie eine Bereicherung der progressiven Weltmusik-Szene, 
            und ebenso selbstbewusst wie ironisch warnen sie mit einer Abwandlung 
            der "Parental Advisory"-Aufkleber auf ihren Alben: Wo sonst 
            Eltern auf allzu explizite Sprache hingewiesen werden, ist auf dem 
            Cover von "A diario" folgender Warnhinweis zu lesen: "Parental 
            Advisory: Cuban Content".
          © 
            Michael Frost, 21.04.2007