Es
ist nicht wahrscheinlich, aber vielleicht kannte Beth Gibbons "Heavy
Dreams", das Album der dänischen Sängerin Lise Westzynthius,
als sie sich selbst an die Aufnahmen zu "Out of Season" machte.
"So", wird sie in dem Fall zu ihrem Co-Autoren Paul Webb gesagt
haben, "soll unser Album auch klingen."
Und
tatsächlich. Auch wenn das individuelle Charisma der beiden Frauen
- hier die melancholische Britin aus Bristol mit der Neigung zur Dramatik,
dort die verträumte Dänin aus Aarhus mit dem Hang zur Stille
- nicht wirklich verwechselt werden kann, so gibt es doch einige Gemeinsamkeiten.
Beide
fanden den Zugang zur schlichten Schönheit akustischer Einspielungen
über den Weg der elektronischen Musik. Beth Gibbons bildete mit
Portishead in den 90er Jahren die Avantgarde des internationalen Pop,
Lise Westzynthius führte den neuen Trend kurz darauf mit ihrem
Partner Mikael Simpson und der gemeinsamen Band "Luksus"
in Dänemark ein.
Daneben
begleitete sie weitere Projekte, die allesamt unter dem Dach des kleinen
Independent-Labels Auditorium angesiedelt sind, als Sängerin:
Rhonda Harris, Test und Superjeg.
2002
erschien dann ihr erstes Solo-Album: "Heavy Dream", eine
Sammlung wahrhaft verträumter Melodien mit gelegentlichen Anleihen
aus dem Elektropop. Nina
Persson (Cardigans), Stina Nordenstam, Anja Garbarek, Björks
introvertiertes Album "Vespertine" und eben Beth Gibbons
lassen grüßen.
Lise
Westzynthius zaubert leichte Sommerfantasien herbei, unterlegt sie
mit verspielten Pianoläufen, leise gezupfter Akustikgitarre,
kaum hörbaren digitalen Verfremdungselementen und verlässt
sich ansonsten ganz auf den atmosphärischen Gehalt ihrer bedächtigen
Flüsterstimme.
"Heavy
Dream" beschreibt in Wirklichkeit nicht den Traum selbst, sondern
den wunderbaren Moment des Erwachens danach, wenn der Hauch eines
Sonnenstrahls ins Zimmer fällt und einen warmen, arbeitsfreien
Tag ankündigt. Also schnell noch einmal umgedreht und im Halbschlaf
weiter geträumt. Es ist Sommer !
©
Michael Frost, 22. Juli 2003