Sind
Simon & Garfunkel zurückgekehrt ? Haben Belle & Sebastian
Verwandte in Norwegen ? Singen die Franzosen von Air neuerdings unplugged
? Weshalb steht die Welt still, während man bloß eine CD
hört ? Was ist denn überhaupt das Besondere an einem Album,
auf dem zwei Jungs Gitarre spielen und dazu singen wie einst am Zeltlagerfeuer
?
Und
warum ist die Antwort auf diese Fragen eigentlich gänzlich unwichtig
? Lieber hört man "Quiet is the new loud" noch einmal
von vorn und genießt dieses Gefühl der still stehenden
Welt erneut.
"Kings
of Convenience" sind eine riesige Entdeckung. Die sympathische
und schnörkellose Schönheit ihrer fast ausschließlich
von akustischer Gitarre begleiteten Balladen kommt so hemmungslos
zeitlos daher, dass es einem die Sprache verschlägt. Was die
Apologeten der stets 'hip' und 'cool' daherkommenden Szene entsetzen
wird: An dieser Musik ist im allerbesten Sinne des Wortes jede Mode
spurlos vorübergegangen.
Keine
Frage, "quiet is the new loud": Stille ist die bevorzugte
Lautstärke der Kings of Convenience und eine augenzwinkernde
programmatische Aussage - vielleicht die Wiederentdeckung und Erneuerung
eines Genres, das vor lauter lauten Chart-Krachern kaum noch Gehör
fand ?
In
ihrer norwegischen Heimt toppte das Debut der beiden 25-jährigen
bereits die Hitparaden, und das mit einem Album, dessen ruhige Atmosphäre
kaum einmal, wie es scheint, durch ein Geräusch gestört
wird - ein Album, das eine Stimmung erzeugt, die vielleicht am besten
mit dem Moment der Morgendämmerung beschrieben werden kann, wenn
sich ein Schleier aus Tau und Frühdunst über noch friedlich
schlafende Landschaften legt und das erste Leuchten des nahen Sonnenaufgangs
einen strahlenden Tag verspricht.
Und
wie in diesen Landschaften erwacht zwischen den Gitarren eine Stimme,
dann eine weitere, hier ein entspanntes Schlagzeug , dort eine Trompete,
eine Geige. Alles geht so gelassen zu, dass man träumend gleich
wieder entgleitet, anstatt auch mal auf die gleichfalls "convenienten"
Texte zu achten, die so typisch skandinavisch sind wie alles an diesem
hervorragenden Album: klar, ehrlich, unaufgeregt, pointiert.
Alles
begann der Legende nach in einem "alten, weißen Haus",
eine halbe Stunde Fußweg vom Zentrum der zweitgrößten
Stadt Norwegens, Bergen, entfernt. Am Panoramafenster im 2. Stock
dieses Hauses sangen Erlend Øye (der mit der Brille), dessen
Famlie das Haus gehört, und Eirik Glambek Bøe ihre ersten
Lieder, sich selbst mit der Gitarre begleitend, und erforschten den
"Sound of silence". Ihrem ersten Band-Versuch blieb der
große Erfolg noch versagt. Erlend zog nach London, Eirik blieb
in Norwegen. Jedes Mal, wenn sie sich zu Hause trafen, zogen sie sich
in das alte Haus zurück um Musik zu machen.
Erst
als auch Eirik nach England ging, um in der Nähe von London an
einem anthroposophischen College zu studieren, wurde aus den gemeinsamen
Jam-Sessions das Ziel, Lieder für ein gemeinsames Album zu komponieren.
Auf der ungemein sympathischen Band-Website wird der etwas merkwürdige
Name des Duos so erklärt: "Sie nannten sich 'Kings of Convenience'
(Bequemlichkeit, Annehmlichkeit), weil sie es sehr 'convenient' fanden,
zwei Leute mit zwei akustischen Gitarren zu sein. Und natürlich
weil sie die Zustand der Bequemlichkeit insgesamt mögen".
Wie
so oft in den letzten Jahren waren es Franzosen, denen die herausragenden
Qualitäten der Kompositionen von Erlend und Eirik und ihre auffielen.
So erhielten die beiden einen Plattenvertrag bei dem britisch-französischen
Label Source. Seitdem, so schreiben sie selbst, können sie sich
endlich auf das konzentrieren, was sie am besten können:
"Die
Nächte am Fenster verbringen, in dem alten, weißen Haus,
oder in Eiriks brandneuem Apartment, Tee trinkend und Songs schreibend,
bei denen die Welt stehen bleibt und zuhört."
©
Michael Frost / 07.04.2001