Kein
Mensch würde beim Namen von Emiliana Torrini auch nur einen Cent
darauf verwetten, dass sie isländischer Herkunft sein könnte
- wenn auch mit einem italienischen Elternteil. Genau diese Tatsache
aber ist es, die neugierig macht auf "Islands erste Halbitalienerin",
wie sie selbst sagt: "Das ist immer ein bisschen, als ob man
einen Dinosaurier entdeckt hat".
Künftig
wird man ihren Namen häufiger hören: Emiliana Torrini wurde
eingeladen, den Schlusstitel des zweiten Teils der Film-Saga "Der
Herr der Ringe" zu interpretieren. Eine ausgezeichnete Entscheidung.
Ihr "Gollum's Song" setzt den letzten Glanzpunkt des dreistündigen
Kino-Epos' "Die zwei Türme" und rückt in der Folge
ihr bislang einziges Studioalbum "Love in the time of science"
verdientermaßen ins Blickfeld eines großen Publikums.
Emiliana
Torrini ist überraschend fest in der skandinavischen Musikkultur
verwurzelt, ihre Musik ist natürlich, direkt, melancholisch -
allein die Melodien erzählen Geschichten.
Ihr
Debütalbum "Love in the time of science" ist eine sehr
eigenständige Angelegenheit, die sich Klischees verweigert. Sowohl
Streichinstrumente als auch Anflüge von Triphop hat die Platte
zu bieten; es ist eine sehr individuelle Welt mit sehr individuellen
Geschichten, in die Emiliana Torrini ihre Fans (und alle, die es werden
wollen) einlädt.
Ganz
auf sich allein gestellt war sie mit ihrer Produktion jedoch nicht.
Siggi Bladursson, Schlagzeuger der "Sucarcubes", der Band,
mit der Björk ihre ersten Erfolgen feierte, zeichnet für
einen Großteil der Produktion mitverantwortlich.
Dennoch
verbieten sich direkte Vergleiche. Auch wenn nicht in Abrede gestellt
werden kann, dass Björk und die Sugarcubes Island auf die Landkarten
der internationalen Musikszene setzten, so ist Emiliana Torrini doch
eher ein Beispiel für die überraschende Vielfalt der musikalischen
Szene Rejkjaviks, in der es weit mehr als eine Band von internationalem
Format gibt - aber das haben ja jüngst auch Sigúr Rós
unter Beweis gestellt.
Emiliana
Torrini ist auf dem Weg zu einer eigenen internationalen Karriere.
Mit "Love in the time of science" hat sie den ersten Schritt
dazu bereits getan. Der zweite heißt "Gollum's Song"
- und nun wartet alles gespannt auf das nächste Album der "italienischen
Isländerin".
Michael
Frost / 14.07.2001
Update: 20.12.2002