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Alles hängt
mit allem zusammen


Sie prägten den Begriff des "Future-Bossa" und mischten den melancholischsten aller Latin-Rhythmen mit Rock, Breakbeats, Dub und Drums&Bass, bis sie wie eine Mischung aus Arto Lindsay und Massive Attack klangen. Dazu holten sie sich charismatische Gastsängerinnen wie die Isländerin Emiliana Torrini ins Studio, oder sie vergruben sich in den Archiven des legendären Jazzlabels "Verve", um schließlich mit einer Sammlung leicht angestaubter Latin- und Jazzperlen ans Tageslicht zurückzukehren. Die Rede ist von Rob Garza und Eric Hilton - alias "Thievery Corporation".

Ihr Soundkonzept ist ebenso ungewöhnlich wie erfolgreich: Thievery Corporation erfreuen sich nicht nur beim Publikum, sondern auch bei Kritikern großer Beliebtheit, denn bei aller Eingängigkeit hat sich das Duo einen kreativen Freiraum, Tiefenschärfe und Experimentalität bewahrt. Alle drei Eigenschaften tragen auch ihr neues Album "The cosmic game".

Bei genauem Hinhören entpuppt sich das Album schnell als Spiel mit verschiedenen musikalischen Polen. Die Erdatmosphäre wird dabei zwar nicht verlassen, aber wenigstens wird der Planet umrundet. Unterwegs trifft das Washingtoner Soundtüftler-Duo erneut interessante Gäste: Gunjan, beispielsweise, eine Sängerin, die ihre Karriere als Kinderstar in Indien begann, inzwischen jedoch in den USA lebt. International bekannt wurde ihre Musik durch den Soundtrack zu "Bend it like Beckham". Auf "The cosmic game" sorgt sie für einen indischen Einschlag. In "Shiva", dem nach der Hindugöttin benannten Song, wird Gunjan von elektronischen Sounds und digital verzerrter Sitar unterlegt.

Die Gastmusiker sind vielleicht die interessantesten Elemente des Albums, weil sie den jeweiligen Songs die individuelle Klangfarbe verleihen: der von den Kapverdischen Inseln stammenden Jazz-Sänger Patrick de Santos, der Kubaner Vernie Varela oder die französisch-persische Interpretin Lou Lou. Sie gehörten schon in der Vergangenheit zur festen Besetzung der Thievery Corporation. Neu dagegen ist die Zusammenarbeit mit The Flaming Lips ("Marching the hate machines"), und auch David Byrne ist hier erstmals auf einem Thievery Corporation-Album zu hören. Byrne bedankt sich mit "The heart's a lonely hunter" für einen Remix, den Garza und Hilton vor einiger Zeit von einem seiner Songs produziert hatten.

So bleibt schließlich doch alles "in der Familie". Doch ähnlich geschlossen wie die Beziehungen der Beteiligten ist auch die Musik selbst. Denn alle unterschiedlichen, bei oberflächlicher Betrachtung auch auseinander driftende Richtungen verhindern es nicht, das "The cosmic game" einheitlichen Prinzipien zu folgen zu scheint. Dafür braucht es zwei starke Persönlichkeiten, die in der Lage sind, ihre Visionen zu formulieren, aufeinander abzustimmen - und schließlich auch umzusetzen. So hängt letztlich alles mit allem zusammen. "The cosmic game" eben.

© Michael Frost, 12.02.2005

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