Télépopmusik
ist eine Band mit Visionen. Wie so überraschend viele Musiker aus
Frankreich experiment auch dieses Trio, bestehend aus Fabrice Dumont,
Stephan Haeri und Christophe Hétier, mit allerlei Sounds und
Samples - immer auf der Suche nach der Musik von morgen.
Die
drei von Télépopmusik sind Instrumentalisten. Haeri
spielt Schlagzeug, Gitarre und Keyboards, Dumont Bass und Banjo, während
Chistophe Hétier als professioneller DJ "Antipop"
für den schrägen Gesamteindruck sorgt: Er sorgt bei Télépopmusik
für die "Geräusche", und von denen gibt es verwirrend
viele, erkennbare wie auch undefinierbare, aufgenommen, arrangiert
bzw. programmiert von den Bandmitgliedern selbst.
Doch
damit ist Télépopmusik nicht komplett. Wer bereits das
Vergnügen hatte, die Band zu hören, dem wird die ausdrucksstarke
Blues-Stimme einer Sängerin nicht entgangen sein, die als Gastsängerin
auf vier Titeln des aktuellen Albums zu hören ist: Angela McCluskey,
Schottin mit Wohnsitz in den USA, die verschiedentlich in Filmmusiken
zu hören war ("Flirting with desaster"). Was sie gemeinsam
mit dem Pariser Trio zaubert, bringt die Plattenfirma unter die ebenso
schlichte wie zutreffende Formel "Paris grüßt Bristol",
denn Télépopmusik präsentieren sich mit den von
Angela McCluskey gesungenen Titeln wie "Breathe" oder "Smile"
als lupenreine Triphop-Band à la Portishead oder Goldfrapp.
Ihre
ganz besonderen Qualitäten kann Angela McCluskey vor allem bei
"Love can damage your heart" und "Yesterday was a lie"
ausspielen, mit rauchig-melancholischem Timbre gereicht sie dem Bar-Blues
einer Billie Holiday zur Ehre. McCluskey erzeugt zweifellos die besonders
perfekten Momente auf "Genetic world", und man möchte
sich wünschen, das Trio Dumont, Haeri und Hétier würde
dieser fabelhaften Sängerin die Vollmitgliedschaft bei Télépopmusik
antragen, doch die drei haben noch anderes im Sinn: Durch die Arbeit
mit verschiedenen Gastsängern bewahren sie sich ihre stilistische
Unabhängigkeit.
Deshalb
verfolgen die übrigen Titel des Albums eine ganz andere und zunächst
sehr überraschende Richtung. Der Titelsong "Genetic world"
ist Computer-Pop in bester Kraftwerk-Tradition mit Anleihen an die
sphärischen Dance-Beats von Air, und mit stimmlicher Unterstützung
des britischen Rappers Juice Aleem gelingen auch zwei sehr originelle
Hiphop-Titel, die sich hinter so manchen aktuellen Produktionen aus
den USA keineswegs verstecken müssen.
Nicht
unterschlagen werden sollte außerdem ein weiterer Gastsänger
namens "Soda-Pop", der bei dem bereits erwähnten Titelstück
und dem Nu-Jazz inspirierten "Trishika" zu hören ist
und damit seinerseits eine weitere Klangfarbe im Spektrum des Télépopmusik-Universums
repräsentiert.
Man
mag sich fragen, was all diese so unterschiedlichen Stile und Rhythmen
auf einem Album zusammenhält. Die "Genetic world" von
Télépopmusik funktioniert jedoch letztlich wie auch
die reale Welt und setzt sich ebenso wie sie aus einer nahezu unendlichen
Vielfalt aus Stimmen und Stimmungen zusammen.
Michael
Frost, 27. Juli 2002