Triphop,
eine der interessantesten Musikrichtungen der 90er Jahre, hat sich
überraschend schnell tot gelaufen. Protagonisten des Genres wie
Portishead nahmen bereits nach zwei Alben unbefristete Auszeiten.
Beth Gibbons, Sängerin der legendären Band, kehrte unlängst
mit einem Natur-inspirierten Akustik-Album zurück ("Out
of season"). Andere, darunter Goldfrapp und der Schwede Jay-Jay
Johanson überraschten zwischenzeitlich mit einer Rückkehr
zum Synthiepop der 80er Jahre. Massive Attack widmen sich der Filmmusik
("Danny the Dog") und Tricky coverte The Cure ("The
love cats", auf seinem bislang letzten Album "Vulnerable").
Da
freute man sich umso mehr, als vor zweieinhalb Jahren ein Duo aus
dem hohen Norden von sich reden machte: "Hi-Fi sounds for young
Norvegians" hieß die Platte, mit der Hilde Drange und Christian
Watkins alias "Slowpho" international für Furore sorgten.
Sogar in den USA wurde die Platte veröffentlicht, wenn auch unter
dem einprägsameren Titel "Hotel Sleep".
Inzwischen
folgte die zweite CD - "2 1/2", benannt nach dem Zeitraum,
der zwischen Debüt und Folgealbum liegt. Und siehe da: Auch Slowpho
hat die Spur des Triphop zwischenzeitlich verlassen. "Lost in
you" und "He goes", die beiden Tracks, mit denen sie
ihren Longplayer eröffnen, klingen synthetisch, elektronisch
- auch in Tromsø fröhnt man inzwischen offensichtlich
dem Revival der Eighties, ohne dabei jedoch auf die Symbiose mit der
Avantgarde zu verzichten: "Lost in you" bedient sich offenherzig
beim Ryhthmus von Björks Song "Pluto".
Doch
"2 1/2" bietet noch weitere Überraschungen. Denn bereits
mit dem dritten Song "Surrender" geht am Polarkreis die
Frühlingssonne auf - vorsichtiger Optimismus greift Raum, verspielte
digitale Elemente, unter minimalistischen Gesichtspunkten arrangiert,
umspielen eine akustische Gitarre und luftige Streichersätze
- dergleichen kennt man sonst nur von einem anderen Elektro-Duo: Air.
Im
Vergleich zu "Hi-Fi Sounds for young Norvegians" ist "2
1/2" das eingängigere Album. Raffiniert inszenierte Tracks
wie "Good girl" und "Alaska" bestechen sowohl
durch ihren coolen, subtil treibenden Beat als auch durch die oft
mehrstimmigen Gesangsparts von Hilde Drange, deren Stimme für
einfühlsame Jazz-Songs wie geschaffen scheint. Überhaupt
ist sie der Dreh- und Angelpunkt dieser melodiebetonten Produktion.
Nach
dem Ende des Triphop, so klingt es, gehen nun auch Hilde Drange und
Christian Watkins auf die Suche nach einer neuen Heimat. Wirklich
entschieden haben sie sich dabei - im Gegensatz zu den eingangs erwähnten
Kollegen - wohl nicht. Darin muss man jedoch keinen Nachteil sehen.
Im Gegenteil: Für manche ist nämlich bereits der Weg das
Ziel, und darin liegt ein unschlagbarer Vorteil: Man bleibt in Bewegung.
Michael
Frost, 12. März 2005