Festhalten,
bitte: Der Kleine Jesus ist ein Enkel von Bob Marley und Paolo Conte.
Er hat sechs Köpfe, lebt im französischen Metz und veröffentlichte
jüngst eine CD zum Thema "Une Nuit à Sarrebruck"
- "Eine Nacht in Saarbrücken". So (zugegeben: so ungefähr)
lasen wir es jüngst in einer Ankündigung auf der Website des
Saarländischen Rundfunks - und wurden neugierig.
Also
nochmal von vorn: "Le P'tit Jézu" ist eine inzwischen
aus sechs Personen bestehende Band aus Metz. Bandleader Piero Moiolo
sammelte seine musikalischen Meriten in einer Ska-Band ("Skaferlatine"),
mit der er drei Alben aufnahm und über 400 Konzerte absolvierte.
"Le P'tit Jézu" startete er als Trio, seitdem wächst
die Band jedoch beständig an.
Neben Moiolo, der in Personalunion als Sänger, Gitarrist, Texter
und Komponist der Band fungiert, gehören Prince Albert Boutilier
(Bass), Alex Tran van Tuat (Percussion) Gaël Le Billan (Tasten),
Hervé Rouyer (Schlagzeug), Sacha Meintzer (Flöte) und
"Sound Man" Jasko Jaskowiak zur Gruppe.
Akustische
Instrumente stehen somit im Vordergrund, wenn "Le P'tit Jézu"
ihre feurigen Rhythmus-Cocktails aus Chanson und Canzone, Rock und
Reggae, Swing und Salsa anstimmen, und zwar wechselnd in drei Sprachen:
Französisch, Italienisch und Englisch.
Schnell
wird deutlich, dass sich nicht nur die bereits genannten Altvorderen
Paolo Conte und Bob Marley zur engeren Verwandtschaft von "Le
P'tit Jézu" zählen dürfen, sondern eigentlich
die gesamte Latin-inspirierte Szene zwischen Paris, Mailand und Barcelona:
Les Négresses Vertes, Manu Chao und Mano Negra, Wagner Pa,
Mau Mau und Sergeant Garcia.
Sie
können aber auch leise. In Saarbrücken, wo die Gruppe auf
Einladung des Saarländischen Rundfunks im Rahmen der Reihe "Bistrot
Musique" auftrat, überzeugten auch balladeske und stimmungsvolle
Stücke wie "Versailles", bei denen die Wirkung einzelner
Instrumente (Querflöte, Percussions, Klavier) im Vordergrund
steht. Aber: Je ruhiger ein Song, umso rasanter der Tempowechsel zum
nachfolgenden Titel. "Le P'tit Jézu" beherrschen
ihr Publikum, reißen es mit und öffnen es für ungewöhnliche
Rhythmen, indem sie diese aus bekannten und traditionelleren Klängen
entwickeln.
Für
die wohlig-vertraute Konzertatmosphäre sorgt bereits die etwas
betagte 50er-Jahre-Stehlampe - très démodée
- die als unverzichtbare Requisite der Bühnenausstattung
eine Art Bekenntnis zur Tradition symbolisiert. So gelingt dem Liveprogramm
von Le P'tit Jézu mit fast spielerischer Leichtigkeit eine
temperamentvolle Collage aus alten und neuen Klängen und Rhythmen.
Schwer, die Beine hierbei still zu halten !
Dem
Saarländischen Rundfunk ist nicht nur der Auftritt von Le P'tit
Jézu in Saarbrücken im Oktober 2002 zu verdanken, sondern
auch, dass aus dem Mitschnitt das erste Live-Album des Sextetts entstanden
ist (2000 erschien das bislang einzige Studioalbum in Frankreich).
Als eine der kleinsten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten
unterstreicht der SR damit sein ausgeprägtes Profil als Förderer
des deutsch-französischen Kulturaustauschs. Wie lohnend und wichtig
diese Förderung ist, das beweist "Le P'tit Jézu:
Une Nuit à Sarrebruck" mit Nachdruck.
©
Michael Frost, 02.04.2003