Petra
Jean Phillipson will uns glauben machen, dass alles an ihr schwer zugänglich
sei. Da ist zunächst der sperrige Name, ein Foto im Hochzeitskleid,
das mehr Fragen aufwirft als beantwortet, und natürlich die Musik.
"Notes on love" sei eine philosophische Studie über die
Liebe, sagt die 32jährige Interpretin aus Kent, England.
Schwer
war wohl auch die Entstehung ihres Album. "Notes on love"
ist ihr Solo-Debüt, und insgesamt feilte sie über acht Jahre
an den Kompositionen. Ende 2004 ging sie schließlich ins Studio,
unterstützt von Simon Tong (früher Gitarrist bei The Verve)
und einem spärlichen Instrumentarium aus akustischer Gitarre,
akustischem Bass, einzelnen Klaviertasten, einer Blockflöte,
angedeuteten Drums und singender Säge.
Beim
ersten Hören wird man Petra Jean Phillipson womöglich in
der Kategorie Singer/Songwriter verbuchen. Was eher beiläufig
als "notes" - Anmerkungen - bezeichnet wird, offenbart sich
erst beim zweiten Durchlauf als ausgefeiltes Klangkonzept mit epischem
Tiefgang. Billie Holiday wird nicht zu Unrecht als Referenz genannt,
Madeleine Peyroux wäre zu ergänzen, Beth Gibbons und P.J.
Harvey. Die sehr intimen, elegischen und filigranen Balladen von P.J.
Phillipson bewegen sich folglich zwischen Jazz, Blues und düsterem
Folk und offenbaren dabei ein stimmliches wie atmosphärisches
Charisma der Extraklasse.
"I
want the impossible" heißt das Stück, mit dem sie
ihr Album eröffnet, wie auch die übrigen Songs ein sehr
persönlicher, intimer Titel. Tatsächlich ist ihr das Unmögliche
gelungen: "Notes on love" ist das Debüt einer ausgereiften
Musikerin, die ihre Karriere übrigens als Sängerin in verschiedenen
Hiphop-Bands in London und New York begann, was - abgesehen von der
gesammelten Erfahrung dieser Zeit - auf ihre Musik ohne Spuren blieb.
Später sang sie bei "The Free Association", einem Psychedelic-Punk-Funk-Ensemble,
doch auch von dort aus war es noch ein weiter Weg etwa bis zu der
großartigen Coverversion von Nick Caves "Into my arms",
die auf ihrem Album neben eigenen Kompositionen enthalten ist.
Emphatisch,
mit tiefem Blues in der Stimme, zitiert Petra-Jean Phillipson den
Großmeister der dunklen Ballade: "I don't believe in an
interventionist God", heißt es darin, und Phillipson macht
Caves auf ein Liebeslied zugespitzten philosophischen Diskurs über
die Existenz des Göttlichen in einem hochemotionalen Monolog
voll innerer Zerrissenheit hör- und fühlbar.
Das
mag man für "schwere" Musik halten. Doch in Wirklichkeit
ist es ganz einfach, denn wie sonst nur die wirklich guten Blues-Musiker
verpackt Petra Jean Phillipson die gesamte emotionale Last bereits
in ihren Gesang und die Musik, so dass man letztlich nur noch seinem
Gefühl folgen muss, um sie zu verstehen.
©
Michael Frost, 20.09.2005