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Sanftmut mit
bitterem Unterton


Im Frühjahr 2007 erschien das Album einer jungen Sängerin von der Elfenbeinküste, das sich nicht weniger als einen ganzen Kontinent als Thema vornahm: "Na Afriki" - Afrika. Dobet Gnahoré wollte einen afrikanischen Sound mit afrikanischen Themen, also wählte sie heimische Rhythmen und Instrumente. Aber sie wollte nicht als exotische Folklore im internationalen Weltmusik-Zirkus abgetan werden, also schrieb sie Texte, die von Selbstbewusstsein zeugen, weil sie Selbstbestimmung fordern.

Ihr folgt nun ein langjähriger Weggefährte nach, mit dem Dobet Gnahoré bereits vor einigen Jahren für das legendäre Putumayo-Label aus New York auf Tour ging: Habib Koité. Auch er nennt sein aktuelles Album "Afriki", auch er wählt dafür afrikanische Rhythmen und Instrumente, auch er nimmt für sich wie selbstverständlich in Anspruch, die Geschichte seines Heimatlandes Mali - stellvertretend für den ganzen Kontinent - zu erzählen.

Zum Beispiel von der Familie, die Koité als das Fundament seiner Gesellschaft versteht, weil man nur durch ihre Unterstützung die Prüfungen des Lebens bestehen könne ("N'tesse"). Oder von den Lebensbedingungen in Mali, etwa der harten Arbeit der Menschen in den Orten am Rande der Sahara ("Barra") und dem starken Willen der Einwohner des Landes ("Mali ba"): "Gebt acht auf euer großartiges Mali" ruft Habib Koité seinen Landsleuten in Bambara, einer der verbreitetsten Sprachen Westafrikas, zu.

Doch die Essenz von "Afriki" findet sich in dem Titelsong des Albums, in dem Habib Koité sich in Worten, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen und in der internationalen Musikwelt eine Seltenheit geworden sind, mit den Perspektiven seines Kontinents beschäftigt. "Wir hießen die Welt willkommen mit der uns eigenen Gastfreundschaft", singt er mit bitterem Unterton in Erinnerung an die Kolonialisierung, "doch als wir durch ihre Tür gehen wollten, sagte man uns in Ceuta (zu Spanien gehörende Enklave in Nordafrika, Anm. d. Verf.): ‚Unser Verständnis von Gastfreundschaft ist leider ein anderes."

Diesen direkten Verweis auf die Versuche afrikanischer Flüchtlinge, oft unter Lebensgefahr europäischen Boden zu erreichen, beschließt Habib Koité mit seiner Aufforderung zum Bruch Afrikas mit Europa und der Welt: "Gebrochene Versprechen von Gleichheit und Solidarität". Afrika müsse seinen eigenen Weg gehen, verlangt Koité, es dürfe sich nicht länger von angekündigten Hilfen internationaler Programme abhängig machen - denn die kämen sowieso nicht.

Es ist ein verzweifelter und aufrüttelnder Appell, den er, gekleidet in die sanftmütigen Rhythmen seiner Heimat, an seine Landsleute richtet. Dass Habib Koité neben der inhaltlichen Brisanz auch als Komponist und Arrangeur zu überzeugen weiß, macht sein Album umso spannender, zumal es auch einige sehr persönliche Lieder, etwa das wunderschöne Liebeslied "Fimani" und eine Hommage an seine Mutter ("N'ba") enthält.

Doch uns Europäer bringt "Afriki" in die Klemme. Wie kann man sich gleichzeitig an seiner Musik erfreuen, seine kritischen Texte loben - und gleichzeitig von diesem System fortdauernder Abhängigkeit und Abschottung zu profitieren? So sollte man "Afriki" bewusst hören, sich informieren und nach Handlungsmöglichkeiten suchen, und sei es auch nur im kleinen Rahmen. Dann hätten Habib Koité, Dobet Gnahoré und ihre lauter werdenden Kollegen vielleicht schon ihr Ziel erreicht. Man habe sich falsche Illusionen gemacht, singt Koité an einer Stelle seines Albums, doch "Träumen ist erlaubt".

© Michael Frost, 04.10.2007

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