"Glück
ist nichts für morgen, es ist nicht hypothetisch, es beginnt hier
und jetzt." So beschreibt es Salif Keïta, einer der in Europa
bekanntesten Musiker Afrikas im Begleittext zu seinem neuen Album "Moffou".
Und seine Forderung, das Glück hier und jetzt zu erlangen, ist
wohl auch eine Art Lebensmotto, das er sich einst selbst setzte und
jetzt anderen vorlebt.
Salif
Keïta stammt aus einer alteingesessenen aristrokratischen Familie.
Die Karriere als Musiker, die er schon zu Jugendzeiten anstrebte,
war mit dem sozialen Status des traditionsgebundenen Elternhauses
kaum in Einklang zu bringen. Doch Salif Keïta wollte nicht warten.
Er verließ die Familie und zog nach Bamako, Malis Hauptstadt,
wo er bald als Sänger eines Hotel-eigenen Orchesters engagiert
wurde. Später führte ihn sein Weg nach Abidjan (Elfenbeinküste),
wo 1978 sein erstes Album "Mandjou" entstand.
Seit
dieser Zeit reiht Salif Keïta Erfolg an Erfolg. Seine viel beachteten
Alben, seine charakteristische Stimme, die Stilsicherheit im Aufgreifen
traditioneller Rhyhthmen, Instrumentierung und Gesang haben ihn zu
einem Kulturen übergreifenden Superstar werden lassen, der sowohl
mit internationalen Größen wie Carlos Santana auftrat als
auch zu Ehren des 70. Geburtstags von Nelson Mandela singen durfte.
"Moffou",
seine neue CD, steht für das "andere" Afrika. Den Fernsehbildern
von Gewalt, Hunger, Armut und Bürgerkriegen setzt er bewusst
den kulturellen Reichtum eines ganzen Kontinents entgegen. Besonders
aufwändige Inszenierungen und Kulissen sind dabei überhaupt
nicht nötig. "Moffou" ist der Name einer kleinen Flöte,
mit der die Bauern im Sahel die Vögel von den Feldern vertreiben,
ein Instrument, wie es einfacher nicht sein könnte, dessen Ursprünge
der Legende nach bis zum Beginn der Menschheit zurückreichen
- ein Mythos, aber ein schöner.
Die
authentische Schönheit und die feste Verankerung in der Natur
finden sich auch in den Titeln des Albums wieder. Sanfte und verträumte
Balladen, stimmungsvoller Wechselgesang zwischen Keita und weiblichen
Backgroundstimmen wechseln einander mit entspannten Tanzrhythmen ab,
in denen alle nur denkbaren Arten von Percussions und Trommeln zum
Einsatz kommen. In den überwiegend 6- bis 7-minütigen Titeln
lässt Keïta seinen Harmonien Raum zur Entfaltung, bis der
Rhythmus ins Blut übergeht, er lässt sanfte Wellen aus Melodien
entstehen, auf denen man sich in aller Ruhe davontragen lassen kann.
Einen
Höhepunkt bietet "Moffou" jedoch bereits zu Beginn
mit dem ersten Titel: "Yamore", ein Duett zwischen Salif
Keïta und der - man kann es nicht oft genug sagen - immer wieder
grandiosen kapverdischen Diva Cesaria Evora. Beide präsentieren
sich in Höchstform und werden zum gemeinsamen Sinnbild der Hommage
Salif Keïtas an seine Heimat:
"Afrika",
schreibt er, "steht auch für Lebensfreude, Optimismus, Schönheit,
Eleganz, Anmut, Poesie, Sanftheit, die Sonne und die Natur."
So betrachtet ist Afrika auch die Musik von Salif Keïta. Und
seine Musik ist Afrika.
Michael
Frost, 20. April 2002