Als
Angélique Kidjo Anfang der 1980er nach Frankreich auswanderte,
war sie ihrer Heimat, dem westafrikanischen Benin, bereits eine
bekannte Sängerin. Schon in ihrer Kindheit hatte sie Kontakt
zur Kulturszene des Benin, da ihre Mutter Besitzerin eines kleinen
Theaters war. Gemeinsam mit ihren Geschwistern (Angélique
ist eines von insgesamt neun Kindern) nahm sie folkloristische
Musik für das Radio auf, verarbeitete aber schon bald auch
die internationalen Einflüsse, die aus anderen afrikanischen
Ländern, aus Süd- und Nordamerika ins kleine Benin kamen.
Es
gibt unterschiedliche Aussagen darüber, ob Angélique
ihre Heimat aus politischen Gründen oder um der besseren
Karrierechancen Willen verließ. Wahrscheinlich war es eine
Mischung von beidem. Jedenfalls kam sie 1983 nach Paris, wo sie
sich zunächst als Background-Sängerin durchschlagen
musste. Nebenbei feilte sie an ihrem eigenen Sound, der ein Mix
aus traditioneller westafrikanischer Musik, afroamerikanischem
Soul, R&B und internationalem Rock war. Schon immer hatte
sie vor allem James Brown, Aretha Franklin, Jimmy Hendrix, Santana
und natürlich die große Miriam Makeba als ihre Vorbilder
benannt. In deren Spannungsfeld bewegt sich denn auch die aktuelle
Musik der Angélique Kidjo, die weder der traditionellen
Folklore einerseits noch dem westlichen Mainstream-Pop andererseits
zugeordnet werden kann.
Vier
Alben hat sie seit 1990 veröffentlicht, die ihren Ruhm als
exzellente Musikerin begründeten und festigten. Crossover-Projekten
gegenüber war sie nie abgeneigt. So steuerte sie z.B. für
den Sampler "Jazz à Saint Germain" eine Version
von Gershwins "Summertime" bei und coverte für
ihr noch immer aktuelles Album "Oremi" (1998) Jimmy
Hendrix' "Voodoo child / Slight return". Auch ein Duett
mit Cassandra Wilson ("Never know") ist auf diesem Album
zu hören.
Kidjo
hat sich internationale Standards angeeignet, ohne ihre kulturelle
Identität zu verleugnen. Der Respekt, mit dem sie ihre eigenen
Wurzeln behandelt und mit anderen Einflüssen verknüpft,
macht sie zu einer interkulturellen Künstlerin, interkulturell
im Sinne von interagierend: Kulturen existieren nicht einfach
nebeneinander, sondern in der Musik Angélique Kidjos
kommunizieren sie miteinander, suchen eine gemeinsame Basis
und entwickeln im Dialog eine Art übergeordneter globaler
Kultur, deren Stärke die Vielfalt ist - im Gegensatz zur
Unterordnung unter einen dominanten und repressiven Mainstream
à la MTV. Auf diese Weise hat sie zu einer Bereicherung
sowohl der Kultur ihrer Heimat als auch der westlichen bzw. afroamerikanischen
Musik enorm beigetragen.
Das
ihr immer wieder gezollte Kritikerlob bestätigt dabei ihre
Ausnahmestellung, an der sie weiter arbeiten wird: