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Markt der Möglichkeiten


"Warnung: Die Titel auf diesem Album klingen nicht alle gleich". So beginnt Charlie Gillett die Linernotes seiner Compilation "World 2004", die auf zwei CDs insgesamt 34 Songs aus fünf Kontinenten vereint.

Die Vielfalt ist das Konzept dieser ambitionierten Veröffentlichung des BBC-Weltmusikexperten Gillett, die er bereits im fünften Jahr in Folge unternimmt. Und so wie Gillett selbst eine Institution ist, so wird es in zunehmendem Maße auch seine Werkschau aktueller Weltmusik, die vor klangvollen Namen nur so strotzt: Die blinde Fado-Interpretin Dona Rosa (Portugal) ist ebenso dabei wie Khaled und Souad Massi, die beide aus Algerien stammen, Pietra Montecorvino und Gianmaria Testa aus Italien, Taraf de Haïdouks (Rumänien), Ojos de Brujo (Spanien) und Aïwa, einem irakischen Bruderpaar, das inzwischen in der Bretagne lebt. Besondere Aufmerksamkeit verdient sicherlich auch das israelisch-palästinensische Projekt Gilad Atzmon & The Orient House Ensemble. Ebenso wie der Beitrag von Terry Hall und Mushtaq verbinden sie jüdische und muslimische Elemente.

Mit ihnen gerät man unversehens auf eine abenteuerliche Achterbahnfahrt durch Fado, Tango, Raï, Samba, afrikanischen Tanz und die Blasmusik der Roma vom Balkan, wird eingefangen durch filigrane Chansonkunst, die laute Leidenschaft neapolitanischer Straßenlieder und die wilden Walzertakte des Berliner Kultorchesters 17 Hippies.

Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Beiträge ist es fast unmöglich, dieses Album nach nachvollziehbaren Kriterien zu beurteilen. "Der Auswahl liegt kein bewusstes System zugrunde", gibt auch Gillett unumwunden zu, vielleicht außer diesem einen: Überall auf der Welt existieren pulsierende Rhythmen, Reichtümer einzelner oder mehrerer Kulturen. Einige haben sich ihre Ursprünglichkeit bewahrt, andere sind durch die Verschmelzung mit anderen Einflüssen zu neuen Sounds gelangt. "World 2004" dient dem Einsteiger in die Weltmusik als fundierter Überblick, doch auch für fortgeschrittene Spezialisten hält die Doppel-CD einige Überraschungen parat, Bands etwa, die überhaupt keinen professionellen Anspruch erheben, sondern nur in ihrer Freizeit zusammen spielen und demnach bislang nur in ihrer näheren Umgebung bekannt waren.

Auf diesem großartigen Markt der Möglichkeiten haben alle die gleichen Rechte. Die unbekannte Straßenband steht hier gleichrangig neben Plattenmillionären wie Carla Bruni und Khaled. Auch darin könnte man eine politische Botschaft sehen. Eine weitere wäre übrigens diese: Mit Ausnahme der 17 Hippies aus Berlin würde keiner der 34 Musiker von einer Radioquote für deutsche Musik profitieren. Nur mal so als Anmerkung.

© Michael Frost, 08.01.2005
"World 2004" - Wrasse Records 2004 (Wrass 123)

DISC 1
01. Fat Marley - Xin
02. Chango Spasiuk - Governor Virasoro
03. Bucovina Club vs Taraf de Haïdouks - Carolina
04. Ojos de Brujo -Tanguilo de Maria
05. Dona Rosa - Resineiro (Gum Collector)
06. Tango Lorca -Milonga de Mis Amores
07. 17 Hippies -Was Bleibt
08. Markscheider Kunst - Kvasa Kvasa
09. Kekele -Oyebi Bien
10. Sidestepper -Dame Te Querer
11. Tinariwen -Chet Boghassa
12. Pietra Montecorvino -Guaglione
13. Carla Bruni - Le Toi de Moi
14. Souad Massi -Yawlidi
15. Idrissa Soumaoro -M'Ba Den Ou
16. Wax Poetic -Oriental Wind
17. Think of One -Grito Grande
18. Aiwa -Oudaiwa
DISC 2
01. Terry Hall & Mushtaq -The Hour of Two Lights
02. Amorf Ordogok - Parti Lany
03. Ghetto Blaster -Je M'Appelle Kiala
04. Abyssinia Infinite - Aba Alem Lemenea
05. Lo'Jo + Django - Jah Kas - Cool Boy (2004)
06. Chava Alberstein -Fellini in New York
07. Gianmaria Testa - Dentro al Cinema
08. Katia Guerreiro - Rosa Vermelha
09. Simon Diaz -Tonada del Cabastrero
10. Taffetas -Fania
11. Gilad Atzmon & The Orient House Ensemble - Dal'ouna on the Return
12. DJ Dolores - A Danca da Moda
13. JJC & 419 Squad - Atide
14. Kanda Bongo Man - Swaliti
15. Khaled -Madre
16. Fat Freddy's Drop - Hope

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