Ist
eine Lawine erst einmal losgetreten, so kann man sie nicht mehr aufhalten.
In der Musik hat die Lawine eine Entsprechung namens Kuba. Was seit
dem internationalen Erfolg des Buena Vista Social Club passierte, ist
eine geradezu unglaubliche Geschichte. Manchmal hat man den Eindruck,
wenigstens die Hälfte der Kubaner, vor allem die Generation der
Rentner, befände sich in unterschiedlichen Formationen permanent
im Aufnahmestudio oder auf Europatour.
Doch
wie gesagt: Die Lawine ist nicht aufzuhalten und produziert ständig
neue Bands, die das Abebben der Kuba-Welle erfolgreich zu verhindern
wissen. Die "Soneros de Verdad" sind eine solche Gruppe.
Von anderen kubanischen Stars unterscheidet sie, dass sie ein Generationen
übergreifendes Projekt sind, bei dem sich das Charisma erfahrener
Son-Sänger mit dem Temperament junger Instrumentalisten mischt.
Chef
der Kombo ist Luis Frank, der selbst schon auf eine erfolgreiche Karriere
zurückblicken kann und bereits als Lead-Sänger in der Band
von Compay Segundo in Europa auftrat.
Andere
Mitglieder der Soneros, darunter der weit über 80-jährige
Pio Leiva, traten ihrerseits mit den "Afro Cuban All Stars"
auf. Ihr Projekt unter dem Titel "Soneros de Verdad" soll
allerdings mehr sein als nur eine vorübergehende Zusammenarbeit:
Die vierzehn Sänger und Instrumentalisten wollen sich mit der
geballten Kraft ihrer Talente und Erfahrungen als Gruppe fest etablieren.
Die
Aussichten dafür sind viel versprechend, nicht nur wegen der
ungebrochenen Faszination kubanischer Rhythmen. Die unterschiedliche
und vielseitige Herkunft der Bandmitglieder schlägt sich in den
temperamentvollen Stücken nieder: die Fähigkeit zur Improvisation,
ihr perfektes Spiel mit Stimmungen und Spannungen lässt den Funken
sofort überspringen. "El run run de los Soneros" ist
bereits das zweite Album der Band, das in diesem Frühjahr bei
verschiedenen Konzerten in Europa auch live vorgestellt wird.
Michael
Frost, 04. Mai 2002