Das 
          Wörterbuch hilft nicht weiter, wenn man versucht, Cesar Pedroso 
          bzw. seinem Album-Titel "De la Timba a Pogolotti" auf die 
          Spur zu kommen. Ein Stadtplan wäre nützlicher, und zwar einer 
          von Havanna. Timba und Pogolotti sind nämlich zwei Ortsteile der 
          kubanischen Hauptstadt, die im Leben von Cesar Pedroso eine besondere 
          Bedeutung haben: in Timba wuchs er auf, und nach diesem Teil Havannas 
          ist auch eigens ein relativ junger Tanzrhythmus benannt, und in Pogolotti 
          lebt Pedroso heute.  
          Cesar 
            Pedroso ist in Kuba kein Unbekannter. Mit seiner langjährigen 
            Band "Los Van Van", in der er als Pianist spielt, erhielt 
            er 2000 sogar den Grammy. Für sein aktuelles Solo-Projekt, für 
            das er fast alle Titel selbst schrieb und sie auch arrangierte, holte 
            er sich zahlreiche Unterstützung ins Studio, darunter den Gesangs-Veteran 
            Pio Leyva, den man auch durch den Buena Vista Social Club kennt, und 
            auch für die anderen Gesangsparts gewann er nicht minder markante 
            Stimmen wie Angel Bonne, Raul Planas und Eduardo "Tiburon" 
            Morales.
          Pedroso 
            bleibt als Komponist und Arrangeur im Hintergrund, doch beim bewussten 
            Hinhören spürt man die Dominanz seines Klavierspiels, das 
            besonders im Wechselspiel mit Bläsersequenzen und Gesangspartien 
            den Ton der temperamentvollen Mischung zwischen Salsa und jazzigen 
            Rhyhthmen angibt, und gelegentlich, wie im zweiten Titel "Habla 
            claro camara", setzt Pedroso zu einem fulminanten Solo an, das 
            besonders überzeugt, weil es spontan und improvisiert klingt 
            und die Jazz-inspirierte Atmosphäre des Albums unterstreicht. 
            
          "Habla 
            claro camara" ist auch eines der beiden Stücke des Albums, 
            die von Tiburon Morales (Jahrgang 1935) gesungen werden, der vielen 
            als die legendäre "Stimme des Son" ("La voz del 
            son") gilt (unter diesem Titel veröffentlichte er vor einiger 
            Zeit auch ein Solo-Album, das in Deutschland ebenfalls bei Timba/Tropical 
            Music erschien). Seine Stimme ist tatsächlich auch auf "De 
            la Timba a Pogolotti" einer der markantesten Momente des Albums. 
            
          Es 
            ist erstaunlich, welche Bewegung Ry Cooder in Gang gesetzt hat, als 
            der Buena Vista Social Club und damit in der Folge die gesamte kubanische 
            Musikszene für den nordamerikanischen und europäischen Markt 
            entdeckte. Noch erstaunlicher ist allerdings die schiere Unerschöpflichkeit 
            des Reservoirs begabter und professioneller kubanischer Künstler, 
            die es im Gefolge des Alt-Herren-Clubs erst noch zu "entdecken" 
            gilt.
           
          Michael 
            Frost, 13. April 2002