Hatten
Les Négresses Vertes auf ihrem vorigen Album "Trabendo"
noch den Versuch unternommen, akustischen Ethnopop mit elektronischer
Verstärkung auf Club-Tauglichkeit zu trimmen, so versuchen sie
auf "Acoustic Clubbing" eigentlich die Quadratur des Kreises,
nämlich: Während alle Welt versucht, den Computer wie "echte"
Instrumente klingen zu lassen, geht es auf "Acoustic Clubbing"
um das Gegenteil: Schafft man die besondere Atmosphäre elektronischer
Musik auch mit rein akustischen Instrumenten ?
Diese
konzeptuelle Frage liegt dem Album zugrunde. Die Band bediente sich
sowohl alter Titel der Alben "Mlah", "Famille nombreuse"
und "Trabendo", aber auch drei neuer Titeln, darunter eine
Cover-Version, um den Beweis der Machbarkeit ihres Unterfangens anzutreten.
Die
bekannten Titel wie "C'est pas la mer à boire", "Face
à la mer" oder "Les roublablas, les roubliblis",
dem neuen Konzept unterworfen, sind kaum wiederzuerkennen. So zurückgenommen,
introvertiert und richtiggehend eingeengt klangen die Négresses
Vertes bislang nie. Es ist, als hätten sie ihre Kompositionen
auf das Wesentliche, ihren Kern reduziert, entsprechend einfach und
direkt präsentieren sie sich und schaffen eine dichte, intime
Atmosphäre, die sich radikal von der Stimmung der Originale unterscheidet
- der man sich aber genauso schlecht entziehen kann.
Die
Szenerie wird von langsamen und gleichförmigen, deshalb hypnotisch
wirkenden Percussions beherrscht, die ruhige Atmosphäre legt
eine unerwartete Sanftheit in die Stimmen von Stephane und Iza Mellino.
Bläsersätze tragen zur nötigen Raffinesse der Arrangements
bei, bleiben aber ebenso unaufdringlich im Hintergrund wie das Akkordeon,
Bass und als eines der wenigen verstärkten Elemente die Blues-Gitarre,
die vielen Stücken die betont lässige und relaxte Stimmung
einer Jam-Session verleiht. Die entspannte Atmosphäre wirkt,
Les Négresses Vertes sind jetzt also auch "chill out"-tauglich,
eine überraschende Entdeckung, die man zum Beginn ihrer erstaunlichen
Karriere sicherlich nie vermutet hätte.
Auf
ihre spezielle und äußerst originelle Art beteiligen sich
die Négresses Vertes also an der spannenden Suche der französischen
Club-Szene um Air, Daft Punk oder Tahiti 80 nach dem Sound des 21.
Jahrhunderts.
Das
hervorragende Ergebnis dieses Experiments bestätigt ihre Ausnahmestellung
in der französischen Musiklandschaft - und darüber hinaus.
Michael
Frost / 15. November 2001