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Sie kommt von weit -
und wird weit kommen


Seit dem überwältigenden Erfolg von Cesaria Evora versuchen nicht eben wenige Musiker und Musikerinnen der Kapverdischen Inseln, es ihrem berühmten Vorbild gleich zu tun. Die sentimentalen "Mornas" und temperamentvollen "Coladeiras", von deren Existenz noch vor zehn Jahren außerhalb der Inselgruppe im Atlantik kaum jemand wusste, gehören heute zum etablierten Repertoire der Weltmusik, unzählige Male zitiert, kopiert, selbst von Künstlern, die die Kapverden nie betreten haben.

Doch Cesaria Evoras Stern überstrahlte bislang alle anderen, und entsprechend schwer fällt es ihren Kollegen, in die Fußstapfen der "Diva aux pieds nus" - der barfüßigen Diva - wie die Evora seit Beginn ihrer Karriere genannt wird, zu treten.

Nun aber hat Cesaria Evora selbst eine junge Sängerin unter ihre Fittiche genommen, und alles spricht dafür, dass die Kapverden soeben ihren zweiten Star hervorgebracht haben: Lura.

Im selben Jahr wurden die Kapverden von Portugal unabhängig, doch die kulturelle Verbindung blieb bestehen. Ihre CD "M'bem di fora" ist dort bereits ein Hit, hier wird sie nun veröffentlicht. Die Resonanz ist bereits beträchtlich. Lura eilte ihrem Album nämlich voraus: im Oktober trat sie an der Seite von Cesaria Evora in Deutschland auf.

Lura hat einen starken Eindruck hinterlassen, den ihr Album nur noch bestätigt. Denn bei aller Verbundenheit mit ihrem Vorbild legt Lura großen Wert auf einen eigenständigen Ausdruck, und den gewinnt sie nicht als Kopie der Evora, sondern in Weiterentwicklung des von ihr begonnenen Wegs.

"Ich komme von weit her", lautet Luras Albumtitel übersetzt, und sie hat für die Aufnahmen nochmals weite Wege zurückgelegt. Denn "M'bem di fora" verlässt die Kapverden immer wieder, um Stile anderer Ländern aufzunehmen: Samba, brasilianische Percussions, spanische Flamencogitarre, afrikanische Rhythmen. Vorsichtig und harmonisch, aber deutlich vernehmbar, vollzieht sie die beabsichtigte Horizonterweiterung.

So unterscheidet sie sich folglich recht deutlich von anderen Musikern ihrer Heimat, und gerade darin liegt ihre Chance. Während Cesaria Evora als Interpretin der traditionellen Musik der Kapverden wohl noch lange unerreicht bleiben wird, besteht Luras Stärke im Austausch verschiedener Genres. Sie kommt von weit her - und sie wird auch noch weit kommen.

© Michael Frost, 18.11.2006

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