Wenn
von der Musik der Kapverdischen Inseln die Rede ist, dann fällt
fast automatisch der Name von Cesaria Evora. Sie ist längst die
berühmteste Einwohnerin des Landes und dementsprechend seine
wichtigste kulturelle Botschafterin. Wenn nun ein weiterer Künstler
von den Kapverden vorgestellt werden soll, dann steht man vor dem
Problem, ihn nicht ständig mit der "Diva der Kapverden"
vergleichen zu wollen, schließlich geht es um seinen individuellen
künstlerischen Ausdruck - andererseits aber führt an Cesaria
Evora eben kein Weg vorbei.
Nun,
Teofilo Chantre macht es dem Rezensenten einfach. Die Musikszene seiner
Heimat ist zu klein, um sich nicht ständig über den Weg
zu laufen, und so fand er den Kontakt zu Cesarias Produzenten José
da Silva bereits Anfang der 90er Jahre. Schließlich steuerte
Chantre drei Titel für Cesaria Evoras 1993er Album "Miss
Perfumado" bei, mit dem sie in Frankreich ihren großen
Durchbruch feierte. Auch später arbeitete Chantre, neben seinen
eigenen Alben, immer wieder für Cesaria Evora.
Insofern
sind die Ähnlichkeiten des Stils der Interpreten und ihres Komponisten
nicht zu überhören: Wenn man die Titel auf Teofile Chantres
aktuellem Solo-Album "Rodatempo" hört, mag sie sich
durchaus auch mit der Stimme von Cesaria Evora vorstellen - andersherum
würden es allerdings genauso funktionieren.
Teofilo
Chantre hat nämlich nicht nur ein ausgeprägtes Gespür
für sanft wiegende Melodien, die Sehnsucht und Melancholie ausdrücken,
sondern er besitzt auch die Fähigkeit, diese Empfindungen mit
dem warmen Timbre seiner Stimme zu transportieren und erinnert damit
gelegentlich an die großen Bossanova-Sänger aus Brasilien.
Musikalisch
überraschen vor allem die vom Bar-Jazz inspirierten Klavierarrangements,
die bei vielen Stücken eine tragende Rolle spielen und dem Sound
zusammen mit leisen Percussions und sanftem Gesang ihre sehr entspannte
Weltläufigkeit verleihen.
Für
"Rodatempo" schrieb Teofilo Chantre alle Titel selbst, die
Texte stammen zum Teil von seinem Vater Vitorino Chantre, der seit
vielen Jahren als Texter arbeitet, u.a. für Armandio Cabral,
der wiederum Cesaria Evoras Klassiker "Saudade" komponiert
hat.
Und
so kommt man doch immer wieder zu Cesaria Evora zurück, wenn
man über Teofilo Chantre schreibt. Dennoch steht er längst
nicht mehr in ihrem Schatten. Vor zwei Jahren stellte er Titel von
"Rodatempo" im Vorprogramm ihrer Tour live vor. Diesmal,
im Herbst 2002, kommt er ohne sie, dafür mit eigener Band, und
verspricht ein Abend füllendes Programm, in dessen Mittelpunkt
er selbst steht. Und das völlig zu Recht.
©
Michael Frost, 26.10.2002
Teofilo Chantre
Konzertdaten