"Mâe
Africa, ta ser feliz um día ..."- eines Tages wird
Mutter Afrika glücklich sein. Cesaria Evora hat ihr neues Album
ganz dem afrikanischen Kontinent gewidmet - und den Afrikanern. Sie
selbst stammt von den Kapverdischen Inseln, die im Atlantik vor der
westafrikanischen Küste liegen, ehedem ein Brückenkopf zwischen
Portugal und seiner Kolonien in Afrika und Lateinamerika.
Es
ist die Musik von Cesaria Evora, die die Inselgruppe in den letzten
Jahren wieder ins Bewusstsein wenigstens der an Weltmusik interessierten
Öffentlichkeit rückte. Als Sängerin in den Hafenkneipen
ihrer Heimatstadt Mindelo war Cesaria eines Tages von einem französischen
Musikproduzenten entdeckt worden. Inzwischen gilt sie mit fünf
Millionen verkauften CDs als "Königin der Weltmusik",
sie bereiste die ganze Welt, arbeitete mit Caetano Veloso, Ryuichi
Sakamoto, Goran Bregovic, Compay Segundo und Jacques Morelenbaum zusammen
und gewann unzählige Preise, nicht zuletzt den "Grammy"
für ihr voriges Album "Voz d'amor".
Und
nun "Rogamar" - ein Gebet ("rogar") an das Meer
("mar"). Cesaria Evora singt auf dem Album überwiegend
Portugiesisch. Die Sprache hält die früheren Kolonien der
Weltmacht von einst auch heute noch zusammen: die Kapverden, Mozambique,
Brasilien, Angola, Sao Tomé. Der Inselrepublik widmet sie einen
eigenen Song: "Sao Tome, du bist Teil unserer Geschichte und
unseres Leids", heißt es darin. Daneben erinnert sie an
das oft tragische Schicksal der Kreolen, die nach Portugal kamen und
dort als unterpriviligierte Minderheit ihr Glück suchte - meist
ohne Erfolg ("Travessa de peixeira").
Für
die ehemaligen Kolonien ist die Unterdrückung der Besatzer unvergessen.
Das erfahrene Leid ist Teil des kollektiven Bewusstseins. Afrika,
sagte unlängst der senegalesische Sänger Nuru Kane zutreffend,
habe seine Schulden während der Zeit kolonialer Ausbeutung längst
bezahlt.
Cesaria
Evora und ihr angestammter Komponist Teofilo Chantre stellen den Ernst
der Texte immer wieder in Kontrast zur gelassenen Fröhlichkeit
der Musik. Doch auch darin folgt sie der Tradition, sich die Lebensfreude
niemals nehmen zu lassen.
Die
Aufnahmen, für die sie früher meist nach Frankreich ausweichen
musste, kann Cesaria Evora inzwischen im eigenen Studio in Mindelo
einspielen, deshalb kommen auch verstärkt einheimische Musiker
der Kapverden als Begleitmusiker zum Einsatz. Doch auch Jacques Morelenbaum,
Brasiliens großartiger Produzent und Arrangeur ließ es
sich nicht nehmen, die schwungvollen Streichersätze für
"Rogamar" zu schreiben.
So
wachsen portugiesische, kapverdische, karibische und brasilianische
Elemente zusammen und leben eine Gemeinschaft vor, die Cesaria Evora
und dem Senegalesen Ismael Lô in ihrem Duett ("Africa nossa")
beschwören: "Unsere Länder sind Zwillinge // auch
wenn unser Schicksal uns trennte // ich bete zu Gott für die
Vereinigten Staaten von Afrika // dass mein Traum endlich wahr wird
// denn Afrika ist unsere Mutter ..."
©
Michael Frost, 27.04.2006