Als
ihr Sänger Helno 1993 an einer Überdosis Drogen starb, wurde
damit das langsame Ende der großartigen Pariser Band "Les
Négresses Vertes" eingeläutet, kaum dass ihre Karriere
richtig begonnen hatte. Mit einer bis dahin unbekannten Mixtur aus Punk,
Latin, Gypsy, Chanson, Pop und Rai wurde die Band - gemeinsam mit ihren
Kollegen von Mano Negra (mit ihrem Frontmann Manu Chao) zum Wegbereiter
der französischen Multikulti-Szene.
Der
Einfluss der Negresses Vertes wirkt bis heute, und vielleicht gewinnt
die Szene erst heute so richtig an Fahrt. Bands wie Babylon Circus,
Watcha Clan oder Les peuples de l'herbe haben das Erbe der Negresses
Vertes angetreten, und inzwischen erhalten sie Unterstützung
aus Belgien.
Dort,
in der vermeintlichen Bürokratenhauptstadt Brüssel, ist
"Jaune Toujours" zu Hause. Das vielstimmige Kollektiv um
Bandsänger Piet Maris entfaltet gewaltige Explosivkräfte,
indem es französische Chansons, gelegentlich in flämischer
Sprache, mit Latinrhythmen, jazz-inspirierter Improvisationskunst
und einer scheppernden Gypsybrass-Section zusammen bringt und zudem
noch die Revolution beschwört: "Demain peut-être ..."
- vielleicht morgen.
Die
musikalische Revolution jedenfalls ist längst eingeläutet.
Kaum noch ein Musiker, der sich in monokultureller Isolation wohl
fühlen - geschweige denn weiterentwickeln würde. Jaune Toujours
erst recht nicht. Das Publikum des Brüsseler Clubs "L'ancienne
Belgique", wo Jaune Toujours ihr neues Album live einspielten,
ist jedenfalls hingerissen. Keine Spur von Zurückhaltung, wenn
die Band ihren impulsiven, mit manch bissig politischem Unterton versehenen
Tanzsound anstimmt.
Angesichts
der Liveeinspielung muss man bei der Soundqualität des Albums
leichte Abstriche hinnehmen. Doch die werden durch die ungefilterte
Liveatmosphäre und die ungezügelte Spielfreude der sechs
Musiker mehr als ausgeglichen, und sie machen Appetit auf mehr; mehr
Latin, mehr Chanson, gern auch auf Flämisch, mehr Gypsybrass
- mehr Revolution: "Demain peut-être ..."
©
Michael Frost, 27.09.2006