Bossanova
in Reinkultur bietet das brillante Album "Voz e violão"
von João Gilberto. Das Album erschien 2000 als erste Studioaufnahme
des brasilianischen Idols seit fast zehn Jahren. Als Grund für
die lange Pause wird sein notorischer Hang zum Perfektionismus angesehen:
Er würde "ein Album lieber gar nicht veröffentlichen,
als ein halbherziges Opus abzuliefern", schrieb Jazzecho in seiner
Review.
Halbherzig
ist "Voz e violão" keineswegs; im Gegenteil. Die
Aufnahmen sind ein Lehrstück in Sachen Bossanova, Vorlage für
alle, die sich an dieser Stilrichtung künftig noch versuchen
wollen und auch für jene, von denen die "Quiet is the new
loud"-Bewegung ausgerufen wurde.
Ein
einzelner Mann schafft, allein mit seiner Gitarre, eine so außergewöhnlich
intensive Stimmung, wie sie mit noch so einfühlsamen Orchesterarrangements
wohl kaum zu erreichen wäre.
Auf
sanften Wellen wird man von Gilberto, seiner sanft-sonoren Stimme
und den einzigartigen "mystischen Gitarren-Beat" (Jazzecho)
Gitarrenklängen weggetragen, träumt sich in die Leichtigkeit
des Seins, vergisst für die (viel zu kurze) Dauer des Albums
alles um sich herum und bleibt am Ende süchtig nach diesem Rhythmus
zurück.
Gemeinsam
mit seinem Wunschproduzenten Caetano Veloso, der Gilberto als Idol
veehrt und als maßgeblicher Vertreter der zweiten Generation
des Bossanova, des "Tropicalismo", selbst brasilianische
Musikgeschichte schrieb, schuf Gilberto eine Perle, deren Ausnahmequalität
sich Liebhabern und Kennern des Bossanova ebenso erschließt
wie interessierten "Anfängern".
Michael
Frost / 19.01.2002