Sie
verhalten sich zueinander wie "Pfeffer und Zucker", sagen
Matthew Ryan und Neilson Hubbard selbst. Also wie gegenläufige
Elemente, die nach landläufiger Meinung geschmacklich kaum zueinander
passen. Tatsächlich kann aus der Gegensätzlichkeit aber ein
ganz besonderes Geschmackserlebnis entstehen - vorausgesetzt, die Mischung
stimmt.
Der
Songwriter an sich ist wohl eher ein scheues Wesen und qua Natur ein
Einzelgänger. Verträumte Menschen mit introspektiven Melodien
und Texten arbeiten in der Regel allein. Treten sie als Duo auf (Simon
& Garfunkel, Kings of Convenience), dann in der Regel im arbeitsteiligen
Modus: einer komponiert, der andere singt.
Nicht
so "The Strays". Das Sideprojekt der beiden Solokünstler
Matthew Ryan und Neilson Hubbard ist das Dokument des Zueinanderfindens
zweier Individualisten, die jedoch die Gegensätzlichkeit bereits
in sich tragen: Ryan ist Fan sowohl von The Clash als auch von Leonard
Cohen, Hubbard liebt sowohl die Arbeiten von Björk als auch Sintra-Songs.
Doch
die Kluft zwischen den vermeintlichen Extremen ist in Wahrheit gar
nicht so groß. "Don't sleep" jedenfalls beweist, dass
es sehr wohl einen gemeinsamen Nenner gibt, der noch nicht einmal
besonders klein ist: unter der rauen, experimentellen Schale offenbaren
sich sowohl bei Hubbard und Ryan als auch bei ihren Idolen zumeist
Melodien von kristalliner Klarheit, schnörkellos, zerbrechlich,
aber voller Strahlkraft, zeitlos und konsequent arrangiert: es sind
leise, harmonische und unprätenziös instrumentierte Songperlen,
die Ryan/Hubbard gemeinsam in Szene setzen.
Für
die Texte auf "Don't sleep" zeichnen jeweils Hubbard oder
Ryan verantwortlich, die Kompositionen entwickelten sie hingegen gemeinsam.
Wessen Stimme die einzelnen Songs schließlich interpretieren
würde, entschieden sie erst, nachdem jeder das Stück des
anderen gesungen hatte. Über den Opener "Love don't owe
you anything" sagt Matthew Ryan: "Wenn ich es singe, klingt
es wie eine Drohung. Wenn Neilson es singt, klingt es wie ein Versprechen."
So
nutzten sie die Varietäten ihres Ausdrucks, jedem Song die gewünschte
Richtung zu geben. Und daneben ließen sie sich noch auf ein
besonderes Experiment ein: Der CD liegt eine DVD bei, für die
jeder Track des Albums verfilmt wurde. Es handelt sich dabei weniger
um Videoclips als vielmehr um eine zusätzliche Möglichkeit
der beiden Songwriter, ihre individuelle Sichtweise zu einer künstlerischen
Einheit zusammenwachsen zu lassen. So wie Pfeffer und Zucker in manchen
Gerichten zu einem Geschmackserlebnis der Extraklasse verschmelzen.
©
Michael Frost, 11.12.2005