Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Ohne falsche
Bescheidenheit


"The best oriental album in the world ... ever" ist nicht gerade ein Albumtitel, der von Understatement zeugt. Falsche Bescheidenheit ist allerdings auch nicht angebracht, wenn es um die Selbstdarstellung arabischer Musik geht: Khaled, Rachid Taha und Cheb Mami haben, ausgehend von ihrer gewählten oder erzwungenen neuen Heimat in Frankreich die Türen für weitere Vertreter des Raï, des maghrebinischen Pop, und anderer arabischer Musikstile geebnet.

Die Compilation "The best oriental album ..." (Virgin) stellt jetzt auch in Deutschland die "nächste" Generation des arabischen Pop vor, wenn man sie denn so bezeichnen kann - denn im Nahen und Mittleren Osten sind viele der beteiligten Musiker längst Superstars, so z.B. aus dem Irak stammende Kadim al Sahir, der die Rhythmen seiner Heimat (mittlerweile lebt er allerdings überwiegend in Ägypten) auch schon mal mit rockigen E-Gitarren mixt, oder Amr Diab aus Ägypten, der sich mit harmonischen Flamenco-Gitarren eher dem stimmungsvoll-mediterranen Pop verpflichtet fühlt. Eine klassische Mischung zwischen Pop und Chanson vertritt die 30-jährige Rechtsanwältin aus dem Libanon Elissa Khouri. Sie hat die Juristerei längst an den Nagel gehängt, und ihr Albumdebüt gemeinsam mit der französischen Gypsy-Popband "Alma Ritano" in Frankreich aufgenommen. Ihr Beitrag "W'akherta maak" erinnert an einen durchschnittlichen Beitrag zum Eurovision Song Contest.

Schließlich ist auch Cheb Mami mit einer Auskopplung aus seinem aktuellen Album "Dellali" vertreten: "Le Raï c'est chic" ist ein sehr westlich-orientierter Dance-Titel mit temperamentvollen arabischen und afrikanischen Versatzstücken.

Und noch ein zweiter Name dürfte deutschen Lesern nicht ganz unbekannt sein: der Grieche Demis Roussos, der in den 70ern mit diversen Schlagern häufiger Gast in der "Hitparade" war, erlebt offenbar seinen zweiten Frühling und präsentiert auf "The best oriental album ..." einen Titel, der sämtliche romantische Klischees von Wüstensafaris, Karawanen, Oasen und Dattelpalmen heraufbeschwört: "Far away".

Roussos komplettiert die skurille Mischung der Compilation, die immer dann interessant wird, wenn die beteiligten Musiker vom traditionellen Pfad abweichen und stilistische Experimente wagen. Sie bilden allerdings eher die Ausnahme, so dass die Intention des Albums insgesamt unklar bleibt. Leider unterlässt auch das Beiheft jeden Versuch, die Interpreten genauer vorzustellen, geschweige denn Übersetzungen der Texte abzudrucken. Und dies ist wirklich ein Manko, denn es gäbe genügend Anlass, etwas mehr über die Musikszene in den arabischen Ländern in Erfahrung zu bringen. Wissen ist nämlich die stärkste Waffe gegen das Vorurteil.

Michael Frost, 20. Juli 2002

Tipps zu ähnlichen CDs und Bands:

1,2,3 Soleils, Rachid Taha, Natacha Atlas, Cheb Mami

[Archiv] [Up]