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Patchwork-Rhythmen


Es ist seine Chance, und er nutzt sie: Cheb Mami, seit seinem Duett mit Sting ("Desert rose", Single-Auskopplung aus Stings Album "Brand new day") international gefeierter Star mit arabischer Herkunft, hat ein neues Studio-Album vorgelegt. Es heißt "Dellali", Bezeichnung für einen geliebten und verehrten Freund.

Für Fans des Raï, der maghrebinischen Mischung aus arabischer Folklore, Reggae und westlichem Pop, ist Cheb Mami allerdings schon lange vor Sting einer der wichtigsten Nemen gewesen. Im Gegenteil: Neben Khaled gehört er zu den erfolgreichsten Vertretern dieser ungemein ansteckend rhythmischen Musik, die außerhalb Arabiens vor allem in Frankreich, und längst nicht mehr nur bei arabischen Migranten, Triumphe feiert.

Auf "Dellali" erweitert Cheb Mami das Repertoire des Raï um ein beträchtliches Maß. Neben sehr eingängigen Pop- und Dancesounds, akustischen und elektrischen Gitarren, gibt es viele beeindruckende Streichersequenzen - sowohl arabischer als auch indischer Herkunft - und der ostasiatische Einfluss wird durch wirkungsvoll eingesetzte Tablas eindrucksvoll unterstrichen, während der Grundrhythmus eindeutig dem Raï verhaftet bleibt.

Eine starke Rolle spielt auch das Akkordeon, von Cheb Mami selbst gespielt, das die Melodien nachzeichnet und umspielt, - "très français" bei der wunderschönen Ballade "Ma vie deux fois" - und gleich darauf arabisch und indisch zugleich in einer bestechenden Kombination mit Chandru Shekars Geige und einem ganzen Arsenal orientalischer und indischer Percussions auf einem der schönsten Stücke des Albums: "Tzazae".

Gelungen ist auch "Viens Habibi", Adaption eines Textes von keinem geringeren als Charles Aznavour - aber die größte Überraschung des Albums bildet fraglos der "London Community Gospel Choir". Raï in Verbindung mit Gospel, das dürfte ziemlich einzigartig sein - aber es geht und klingt außerordentlich reizvoll, ebenso wie die perfekt arrangierten afrikanischen Sounds ("Mamazareh"), mit denen Cheb Mami eine Brücke zwischen den maghrebinischen Kulturen nördlich und den afrikanischen Einflüssen südlich der Sahara schlägt.

Außer dem Gospel-Chor gehört auch Ziggy Marley zur illustren Gästeschar auf "Dellali", aber auch Sting ließ sich nicht lumpen und bedankt sich für "Desert rose" mit einer Teilnahme an den Background vocals für den Album-Opener "Le raï c'est chic", allerdings so zurückgenommen, dass man es wahrscheinlich nicht mitbekommen würde, stünde es nicht im Begleitheft - nein, Sting hat es verstanden, zurückzutreten und die Bühne frei zu machen für einen, der mit Geschick, viel Geschmack und sicherem Gespür kulturelle Einflüsse aus aller Welt zu einer Art "Patchwork"-Rhythmus zusammenbringt und es schon deshalb verdient hat, ganz vorn im Rampenlicht zu stehen.

MF / 14.07.2001

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