Schnee
bedeckte Gipfel, lichte Wälder, saftig grüne Bergwiesen, klare
Bachläufe und reißende Wasserfälle - Lunik geben sich
im Booklet ihrer neuen CD im Einklang mit ihrer natürlichen Umgebung.
Dass sie das Album "Weather" nennen, tut ein Übriges.
Das Trio aus Jaël (Gesang), Luk Zimmermann (Gitarre, Programming)
und Mats Marti (Drums, Programming) stammt sichtbar aus der Schweiz
und ist dort bereits seit einigen Jahren eine enorm erfolgreiche Band.
Mit
"Weather" - bereits ihrer dritten CD - stellen sich die
Eidgenossen nun erstmals dem deutschen Publikum vor. Zu erleben gibt
es darauf Alternative Pop im besten Sinne des Wortes, weit entfernt
von der üblich begrenzten Halbwertzeit der Retortenindustrie.
Lunik gelingt das Kunststück, eingängige Harmonien mit individuellem
Ausdruck zu verbinden und deshalb im Ohr haften zu bleiben. Das haben
sie mit Kollegen wie etwa den schwedischen Cardigans gemeinsam. Die
wurden anfangs als Easy-Listening-Fahrstuhlmusiker belächelt
- und konnten sich dennoch einen Namen machen, denn in Wahrheit hatte
ihre Musik schon zu Beginn ihrer Karriere eine nicht zu leugnende
unverwechselbare Qualität.
Ähnlich
verhält es sich auch mit Lunik, und deshalb ist es sicherlich
kein Zufall, dass sie ausgerechnet Cardigan-Produzent Tore Johansson
für die Produktion von "Weather" gewinnen konnten.
Am deutlichsten hört man die schwedisch-schweizerischen Gemeinsamkeiten
dem ersten Stück "Go on" an. Vor allem Lunik-Stimme
Jaël orientiert sich spürbar am zurückhaltend kühlen
Gesang von Nina Persson - manchmal vielleicht mehr als nötig,
denn Jaëls Gesang ist eigenständig und charismatisch genug,
um auch ohne die berühmte Referenz bestehen zu können. Doch
im Verlauf von "Weather" gewinnt der Eindruck des eigenständigen
Ausdrucks von Lunik erfreulicherweise die Oberhand. Von einer Kopie
kann keine Rede sein.
Von
den vier Amtssprachen der Schweiz haben sich Lunik für die fünfte
entschieden: Englisch. Weniger aus Kalkül, wie sie angeben, sondern
aus musikalischen Gründen: "Englisch ist einfach viel melodiöser",
sagt Jaël, "es ist geradeheraus, direkter, ehrlicher, weniger
'selbstzensiert'."
Diese
Attribute treffen nicht nur auf die Sprache, sondern auf Luniks Musik
insgesamt zu. Die soften Popsongs werden mit aller Behutsamkeit in
Szene gesetzt, folgen einem perfekt aufgebauten Spannungsbogen, der
den Stücken den nötigen Drive verleiht und überall
kleine akustische Anker wirft, mit denen sich die Songs im Gehörgang
des Publikums festsetzen. Programmierte Sounds unterstützen die
leichten Anflüge von Melancholie der Songs.
Nur
im Ausnahmefall wird der Sound beliebig, wie etwa in "The most
beautiful song", den Lunik für den schweizerischen Kinofilm
"Globi" einspielten. Mit dem "Dudududu" des Refrains
habe sie anfangs selbst Schwierigkeiten gehabt, gibt Jaël offenherzig
zu. Es ist der einzige Ausrutscher auf diesem an sinnlichen Höhepunkten
nicht armen Album - und ob es überhaupt einer ist, bleibt letztlich
eine Geschmacksfrage und kann den erfreulichen Gesamteindruck nicht
trüben. Und der ist wie die Schweizer Landschaft: licht und saftig
grün, klar, manchmal auch mitreißend, in den Höhen
Schnee bedeckt.
©
Michael Frost, 01.11.2004