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Zwei Welten
werden eins


Für das, was Sonja Kandels tut, gibt es inzwischen einen Namen: Afro Jazz. Der Begriff mag in die Irre führen, da man ihn vermutlich zunächst mit Soul, Funk und Blues, afro-amerikanischen Stilrichtungen also, assoziiert. Doch die Wurzeln des Jazz, wie ihn Sonja Kandels versteht, liegen tatsächlich in Afrika, genauer: in Westafrika, bei den Hausa und Yoruba.

Ein Gedicht der Yoruba sagt: "Anybody who sees beauty and does not look at it, will soon be poor." Sonja Kandels verarbeitete den Text zu einem der schönsten Titel ihres neuen Albums. "Fortunes arrive" ist nach "God of laughter" ein weiterer Beweis ihrer umfassenden Kenntnis westafrikanischer Rhythmen und Traditionen und ihres beispiellosen Vermögens, diese scheinbar leichter Hand mit zeitgenössischem Jazz zu verknüpfen.

Wo andere Musiker in der oberflächlichen Darstellung vermeintlicher Exotik verharren, geht Sonja Kandels deutlich weiter. Für sie hat afrikanische Musik weit mehr als die Funktion von Farbtupfern in ansonsten konventionell gestrickten Kompositionen. In ihren Songs werden sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten detailreich herausgearbeitet, werden symbiotische Beziehungen geknüpft, wird Neues erschaffen, ohne die besonderen Charaktere der jeweiligen Traditionen einzuebnen.

Durch ihre Biografie - als Tochter eines Entwicklungshelfers verlebte sie praktisch ihre gesamte Kindheit in verschiedenen afrikanischen Ländern - ist sie für die selbst gestellte Aufgabe geradezu prädestiniert. Sie kennt auch die schwierige Lage afrikanischer Einwanderer in Europa, besitzt jedoch auch die Fähigkeit der distanzierten Betrachtung ("Hey Dear"). Die Thematik berührt auch der von ihr adaptierte Spiritual "Sometimes I feel like a motherless child", den sie teilweise in Wolof, einer der wichtigsten Sprachen Westafrikas, singt.

Insgesamt ist "Fortunes arrive" dreisprachig (Englisch, Französisch, Wolof), und auch die Instrumentierung folgt ihrem Afro-Jazz-Konzept. Bougarabou, eine mit Fell bespannte Trommel, und das Ballophon, eine Art Xylophon, unter dessen Klanghölzern Kalebassen befestigt sind, stehen in der Musik von Sonja Kandels gleichberechtigt neben den "typischen" Instrumenten des Jazz wie Gitarre, Piano und Bass.

Die Instrumente stehen beispielhaft für die Kommunikation zweier Welten, die in dieser ungewöhnlichen Interpretin zusammen fließen.

© Michael Frost, 03. November 2004

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