Wenn
wir an dieser Stelle ein Album vorstellen, das bereits sechs Jahre alt
ist, dann deshalb, weil es sich dabei um eine Produktion handelt, die
an Aktualität bis heute nichts eingebüßt hat.
1997,
zwei Jahre nach ihrer Gründung, veröffentlichte das Band-Kollektiv
Gusgus aus Reykjavik "Polydistortion" und beschrieb damit
die Zukunft des Techno jenseits des kommerziellen Overkills, den die
Szene in den vergangenen Jahren erlebte.
Die
anspruchsvolle Avantgarde-Truppe, die sich keineswegs nur aus Musikern,
sondern ursprünglich aus Filmemachern und Künstlern unterschiedlicher
Richtungen zusammesetzt, begann ihre Karriere mit einer ungewöhnlichen
Kombination aus Techno, Drums & Bass, Hiphop, Dance und Electronica.
Pulsierender Rhythmus, hypnotische Beats, versponnener Gesang, den
sich mehrere Sänger teilen - darunter auch die inzwischen als
Solo-Künstlerin erfolgreiche Emiliana Torrini ("Love in
the time of science") - machen "Polydistortion" zu
einem Gesamtkunstwerk von mitreißender atmosphärischer
Dichte, das unter den Zuhörern bei Live-Auftritten für tranceartige
Zustände sorgt.
Seit
"Polydistortion" haben Gusgus zwei weitere Alben veröffentlicht,
mit denen sie ihren Ruf als Retter des Techno festigen konnten. Während
die deutsche Szene den Techno mit seelenlosem Love-Parade-Gestampfe
zu Tode reitet, haben Bands wie Gusgus diese Richtung weiterentwickelt,
indem sie ihn zu einem multimedialen Ereignis machen, zu dem immrt
auch visuelle Komponenten gehören (ein Trend, der sich immer
mehr durchsetzt), der zudem die Verknüpfung mit anderen Stilen,
etwa dem Hiphop, sucht und in der Verbindung neue Ausdrucksformen
findet.
©
Michael Frost, 03. August 2003