Seeed.
Wenn diese Band tatsächlich aus Berlin kommt, dann muss Berlin
im Ausland liegen. Dennn aus "deutschen Landen" waren diese
Töne bislang nicht zu hören. Aber vielleicht hat Deutschland
sich - allen Unkenrufen zum Trotz - verändert ? Vielleicht gibt
es längst eine multikulturelle Selbstverständlichkeit, abseits
der Betroffenheitslyrik der Gutmenschen und der Kirchentage ?
Seeed
jedenfalls sind das kaum noch zu überhörendes Indiz einer
neuen deutschen Wirklichkeit. 2002 waren sie bei der jährlichen
Echo-Preisverleihung der einzige Lichtblick in der durchkommerzialisierten
Welt der sich selbst als "Industrie" bezeichnenden Musikbranche:
11 Musiker, Sänger, Rapper und DJs mit Anarcho-Faktor, unkalkulierbar
in Wort und Ton.
Die
"Dancehall-Caballeros" veröffentlichen nun ihr zweites
Album: "Music Monks". Natürlich gibt es gegenüber
"New Dubby Conquerors", dem ersten Album von 2001, keine
nennenswerten Veränderungen des Sounds. Warum auch ? Die Fans
erwarteten die Fortsetzung sehnsüchtig, die Kritiker ebenso,
und für eine deutsche Band ist dieser Sound zwischen Hiphop,
Rap, Soul, Funk, Reggae, Electro, Dub und Dance so neu und ungewöhnlich,
dass er noch Stoff für ein halbes Dutzend weiterer Alben bieten
würde, ohne sich dabei dem Verdacht der Wiederholung auszusetzen.
Deutsche
und englische Texte, jamaikanische Beats und orientalische Streicher
- gerne alles zusammen in einem Song - sind für Seeed kein Widerspruch,
sondern eine Herausforderung. Das Ergebnis ist purer Partysound, relaxt
und ungekünstelt, eben der glaubwürdige Ausdruck einer Lebenshaltung
und deshalb auch Träger einer Botschaft, die keiner aufwändigen
Texte bedarf, sondern sich allein schon durch den Rhythmus vermittelt.
Seeed,
die Hauptstadtband. Keine schlechten Perspektiven für die so
genannte "Berliner Republik".
©
Michael Frost, 31. Mai 2003