Wahrscheinlich
haben Sie sich "Lovers rock" schon gekauft. Schließlich
ist Sades Comeback-Album seit Wochen unter den Top 10 der Charts.
Trotzdem dauert es einige Zeit, bis man sich ein wirkliches Urteil
über die CD erlauben sollte: Denn so einheitlich freudig wie
vom Publikum wurde sie von der Kritik nicht empfangen - langweilig,
ein bloßer Aufguss ihrer alten Platten, war zu lesen.
Man
sollte genauer hinhören - denn die Änderungen des Klangs
von Sade drängen sich nicht auf. Natürlich sind es noch
immer die ruhigen Balladen, die den Sound bestimmen, doch hier und
dort haben sich einige Beats und Samples verirrt, die es 1992, zum
Zeitpunkt der Veröffentlichung des bis dato letzten Sade-Albums
(Love deluxe) nicht gegeben hat.
Die vorsichtige "Renovierung" klingt glaubwürdig und
zeitgemäß: Sade hat ihrem Publikum wieder etwas zu sagen.
Zwar
ist es erstaunlich, in welcher Vielzahl sich längst vergessen
geglaubte Künstlerinnen und Künstler während der letzten
zwei Jahre zurückgemeldet haben, und das zum Teil mit einem größeren
Erfolg als sie ihn je vorher hatten, aber der Publikumsgeschmack verlangt
zurzeit, nach jahrelanger Hegemonie des Hiphop, offenbar wieder nach
den Heroen aus der Ära davor - und Sade ist hier sicher nicht
die schlechteste Wahl.
Ihr
cooler Bar-Soul passt auch ins neue Jahrhundert, die besinnlich-melancholischen
Lieder allemal zur trüb-kalten Jahreszeit, und selbst für
die Tanzfläche hat Sade etwas zu bieten, natürlich gewohnt
sanft und relaxed - smooth.
Der
Spiegel,
der eine überraschend freundliche Kritik über "Lovers
rock" veröffentlichte, fasste das Comeback treffend zusammen:
"Sade kehrt zurück, als wäre nichts gewesen. Und wie einen
alten Freund empfängt man sie gerne wieder, ohne nachzutragen und
nachzufragen. Allenfalls wundert man sich selbst, warum man sie so
wenig vermisst hat."
Stimmt.
Jetzt, wo sie wieder da ist, fragt man sich, wo sie denn all die Jahre
gewesen ist. Eine Stimme wie die ihre verdient doch immer Gehör.
AG
/ 27.01.2001
Foto: sadeonline.com