In
einem Interview mit der Frankfurter Rundschau beklagte Herbert Grönemeyer
im August 2000, dass deutsche Musik immer noch in den Kategorien des
Rock'n'Roll denke, während international längst andere Stile
den Grundrhythmus der Rockmusik abgelöst hätten. Er muss
RADIOHEAD gemeint haben, als er das sagte.
Die
ehemalige Schülerband aus Oxford, die hartnäckig ihren Weg
nahm, selbst nicht auseinanderging, als ihre Mitglieder an verschiedene
englische Universitäten wechselten, hatte 1992 mit ihrem Hit
"CREEP" einen ersten großen Chart-Erfolg. Drei Jahre
später waren sie mit REM auf Tour, 1996 dann mit Alanis Morissette.
OK
Computer entstand nach dem Ende der Tour in einer alten Villa auf
dem Land in der Nähe von Bath. Das Haus, das der Schauspielerin
Jane Seymour gehörte, wurde nicht nur einmal für Plattenaufnahmen
benutzt; The Cure spielten dort ihr Album "Wild Mood Swings"
ein.
Wie
es kam, dass ausgerechnet der sechseinhalb Minuten lange Kracher "PARANOID
ANDROID" zur ersten Single-Auskopplung von O.K.Computer wurde
und Platz 3 der britischen Charts eroberte, ist eigentlich ein Rätsel.
Das Stück vollzieht innerhalb der letztlich doch sehr kurzen
sechs Minuten mehr Wechsel, als man aushalten kann, fängt leise
und akustisch an, bis man sich nach der Hälfte fragt, wieviele
E-Gitarren dort eigentlich noch übereinander gesamplet werden.
Ein
erstaunliches Stück, und so brutal, dass man OK Computer mehrere
Male hören muss, bis man schließlich feststellt, dass die
meisten anderen Stücke vergleichsweise ruhig und melodiös
daherkommen, etwa "SUBTERRANEAN HOMESICK ALIEN", "EXIT
MUSIC (FOR A FILM)" oder "LUCKY", das sich beim Hören
des Textes ins Gegenteil verkehrt: "I feel my luck could change
..." singt Thom Yorke mit seiner bedauernswerten brüchigen
Stimme, die manchmal in seltsamen Kontrast zu den mächtigen Gitarren-Riffs
der Band gerät, aber einen großen Anteil an der Stimmung
hat, die OK Computer entfaltet, nachdem man sich vom dröhenden
AIRBAG und dem bereits erwähnten PARANOID ANDROID erholt hat.
Mit
OK Computer bewegen sich die fünf von RADIOHEAD irgendwo zwischen
U2, REM und Nirvana, gehen aber immer noch einen Schritt weiter
und lösen sich dadurch von den traditionellen Grundmustern der
Rockmusik. Die Erwartungen für den Nachfolger, der im Oktober
2000 erschien, waren immens, wurden aber durch das Ergebnis "Kid
A" noch übertroffen ...
MH
/ 23. September 2000
update: 14. Oktober 2000