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Auf neuen Wegen


Blur ist heute nicht nur eine der erfolgreichsten, sondern auch eine der vielseitigsten Bands Großbritanniens, die im Verlauf ihrer Karriere mit verschiedene Stilrichtungen arbeitete, wobei ihre Phase als exponierte Vertreter des Britpop aus heutiger Sicht wohl wirklich nur eine "Phase" war, wenn auch eine längere.

Blur existieren seit 1989 (seit dem Ausstieg von Gitarrist Graham Coxon nur noch als Trio), und ursprünglich orientierten sich am originär britischen Gitarren-Pop von THE WHO bis zu THE SMITHS. Ihre frühen Alben führten zu Missverständnissen, weil die Band plötzlich als Teenie-Gruppe abgetan wurde. Aber sie prägten den Britpop, dessen erfolgreichste Vertreter sie wurden, als eigenständige Stilkategorie, wobei sie daraus nie solch programmatische Aufforderungen ableiteten wie etwa Oasis mit den tumben "Buy British" Aufklebern auf ihren CDs.

Der Durchbruch gelang BLUR mit ihrer dritten CD "PARKLIFE", auf Anhieb Nr. 1 der britischen Album-Charts. Gemeinsam mit der ersten Single-Auskopplung "GIRLS AND BOYS" begründete Parklife den Ruhm von Blur - bis die öffentliche Dauer-Fehde mit Oasis um den Britpop-Thron begann.

Obwohl ihr nächstes Album "THE GREAT ESCAPE" an den Erfolg von "PARKLIFE" anknüpfen konnte (das dem Album vorausgeschickte "COUNTRY HOUSE" wurde Blurs erster Nr. 1 Hit in den britischen Single-Charts), wandte sich die englische Musikpresse mehr und mehr Oasis zu, die gerade mit ihrem Album (WHAT'S THE STORY) MORNING GLORY ?" Blurs Erfolge überflügelten und auch außerhalb Englands, vor allem in den USA als würdige Nachfolger der Beatles gefeiert wurden, deren Stil sie mit ihrer Musik geradezu perfekt kopiert, modernisiert und mitten in die 90er Jahre katapultiert hatten.

In der sich bei Blur abzeichnenden Schaffenskrise lag die Chance, die das Überleben der Gruppe sicherte. Ihre musikalischen Köpfe, Damon Albarn und Graham Coxon gaben Blur eine neue Richtung. Ihr 97er Album nannten sie schlicht "BLUR", die Musik darauf klingt schwerer, sperriger, internationaler als die Vorgänger - schließlich gelang mit "Song 2" auch der Durchbruch in den USA.

Vergleiche mit Oasis verbieten sich seitdem, da Blur plötzlich eine ganz andere und neue Richtung einschlugen, während Oasis auf der Strecke blieb. Der aktuelle Sound von Blur hat sich mehr in Richtung Radiohead entwickelt: innovativer Gitarrenrock, detailverliebte Soundexperimente mit Drums&Bass und Electronica.

Mit "13", ihrem fünften Album, das 1999 erschien, festigten Blur den zuvor begonnenen Weg und erweiterten ihn sogar noch. Mit Producer William Orbit erreicht der Blur-Sound ganz neue und ungeahnte Dimensionen. Blur von heute ist eine Gruppe, die ihr Ziel ganz offenkundig längst noch nicht erreicht hat - und, weil die Neugier sie immer weiter treibt, vielleicht nie erreichen wird. Denn auf sie passt der Spruch: Der Weg ist das Ziel, und eine aufschlussreiche Etappenbilanz dokumentiert die Band auf ihrem "Best of"-Album.

Doch was als kreative Pause begann, nahm schließlich das Ausmaß einer Krise an. Damon Albarn begann mit seinem überraschend erfolgreichen Projekt "Gorillaz" eine eigene Karriere, der er immer mehr Zeit widmete, und auch Graham Coxon veröffentlichte ein Soloalbum. Inzwischen ist klar, dass der Gitarrist nicht zu Blur zurückkehrt.

Die Aufnahmen zu "Think Tank", dem ersten Studioalbum seit fünf Jahren, das im Mai 2003 erschien, begann Blur als Trio. An der spürbaren Experimentierfreude hat das nichts geändert. "Think Tank" ist wiederum eine Weiterentwicklung, die den bisherigen Sound um neue Komponenten erweitert: Psychedelisch, schräg und besessen - und dabei so gut wie nie zuvor.

 

© Michael Frost / 24. Oktober 2000
Update: 11. Mai 2003

 

 

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