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Alt ist das neue Neu


Der Stilwechsel kommt nicht ganz überraschend, der Alleingang dagegen schon. Erlend Øye und Eirik Glambek Bøe starteten als "Kings of Convenience" erst 2001 voll durch. Der Titel ihres Akustikalbums "Quiet is the new loud" wurde prompt zum Motto einer neuen Bewegung erkoren, der weiterhin Bands wie Turin Brakes zugerechnet wurden.

Heute wird dieses "New Acoustic Movement" von den Kritikern, die es zunächst am lautesten herbeiredeten, am vehementesten als "Quatsch" zu den Akten gelegt. In der Tat blieb "Quiet is the new loud" ein Ausnahmealbum, und dies sowohl in Bezug auf seinen Stil als auch seine herausragende Qualität. Die sanften Harmonien der beiden Norweger, der zarte Gesang und die leisen akustischen Gitarren bringen Packeis zum Schmelzen.

Ihren Experimentiergeist bewiesen die "Kings" mit dem Remix-Album "Versus". Erlend Øye wurde darüber hinaus zur Stimme der ebenfalls aus Norwegen stammenden Elektropop-Band Röyksopp, deren Single "Poor Leno" 2002 den MTV Europe Music Award für den besten Video-Clip erhielt.

"Unrest" ist nun das Solo-Intermezzo von Erlend Øye (das nächste Studio-Album der Kings of Convenience soll in der zweiten Jahreshälfte folgen), und auch dieses Album wird bereits wieder über die Maßen gelobt - als stünde die Musikwelt wiederum vor einer neuen Bewegung.

Doch: Stand das Debüt der Kings of Convenience fest in der Tradition von Songschreibern wie Simon & Garfunkel, so hat auch "Unrest" erkennbare Vorfahren - wenngleich auch nicht in den 60ern und 70ern, sondern in der Computermusik der 80er. Dessen Pioniere waren Kraftwerk, und auch auf "Unrest" sind sie als virtuelle Paten mit von der Partie. Und auch, wer sich an die frühen Alben von Depeche Mode erinnert ("Speak & Spell", "A broken frame"), der wird deren minimalistischen Synthiepop-Sound der frühen 80er in Erlend Øye Anno 2003 wiederfinden.

Wirklich neu ist "Unrest" also nicht, und trotzdem muss dem einhelligen Kritikerlob nicht widersprochen werden. Øye - solo oder mit Partner - gelingt es offenbar spielend, sich Versatzstücke eines Genres anzueignen, diese mit den eigenen Visionen zu verbinden und gemeinsam mit anderen Soundtüftlern zu überraschenden und mitreißenden Lösungen zu gelangen (Anspieltipp: "Sudden Rush").

Øye ist für die zehn Titel seines Albums durch halb Europa und in die USA gereist und hat seine Kompositionen von Helsinki bis Rom und Barcelona mit verschiedenen Spezialisten aufgenommen. Landestypische Noten sind dabei zwar nicht zu erkennen, aber für den heterogenen Gesamteindruck dürfte die vielseitige Kooperation der bestimmende Faktor sein.

Vielleicht arbeitet Erlend Øye doch an einer neuen Bewegung, bloß anders, als bisher gedacht ? Arbeitstitel: "Alt ist das neue Neu ?"

© Søren Salskov, 20. Februar 2003

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Röyksopp, Depeche Mode, Kraftwerk

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