Obwohl
sie nicht so recht zum Klassiker taugen, gehören sie doch zu
den Mega-Acts des Rocks: Depeche Mode. Seit zwanzig Jahren ist die
Band aktiv und erfolgreich, doch das feste Kapitel in der Rockgeschichte
gebührt ihnen nicht auf Grund ihres Durchhaltevermögens,
sondern weil sie in gewisser Weise den "Industrial" als
Musikrichtung erfanden.
Sie
waren es, die Anfang der 80er Jahre den Synthie-Pop mit dem Lärm
industrieller Produktion vermischten und auf die Tanzflächen
der New-Wave-Diskos brachten, abgemischt zu Songs, die in ihrer düsteren
Dramatik nach dunkel-dreckigen Fabrikhallen, Ausbeutung und irgendwie
martialisch-proletarisch klangen.
Die
Keyboarder Vince Clarke und Andrew Fletcher begründeten schon
1976 mit ihrer Band "No romance in China" den Weg für
die spätere Karriere. Gitarrist und Keyboarder Martin Gore stieß
1979 dazu, David Gahan (Gesang) im Jahr darauf. Sie tauschten die
Instrumente gegen den Synthesizer und machten sich an die ersten Aufnahmen.
Bereits
die dritte Single "Just can't get enough" wurde ein Top
10-Hit in England, und der endgültige kommerzielle Durchbruch
gelang 1984 mit dem Album "Some great reward" und den Single-Auskopplungen
"Blasphemous rumours", "Master and servant" und
"People are people". Die meisten Songs stammten aus der
Feder von Martin Gore, der der Band ihre düster-melancholische
Grundhaltung verpasste und sie in die Richtung der Darkwave-Protagonisten
um Robert Smiths The Cure oder Siouxsie & The Banshees rückte.
Zu dem Zeitpunkt hatte Mitgründer Vince Clarke die Band bereits
wieder verlassen, war aber durch Alan Wilder ersetzt worden.
Auf
"Black celebration" und "Music for the masses",
anschließend auf dem Live-Album "101" setzten Depeche
Mode den Weg fort, der sie direkt zum Gipfel ihrer Karriere, dem 1990
veröffentlichten Album "Violator", führte. "Policy
of truth" und "Personal Jesus" wurden zu erfolgreichen
Single-Auskopplungen, und natürlich "Enjoy the silence"
mit dem dazu gehörigen Video von Fotograf Anton Corbijn, in dem
er David Gahan als König mit Klappstuhl über die schottischen
Highlands spazieren ließ.
Der
Erfolg drohte die Mitglieder der Band zu zerstören. Nach dem
93er Album "Songs of faith and devotion" und einer mörderischen
Welt-Tournee mit einer Unzahl von Auftritten verließ Alan Wilder
die Band. David Gahan unternahm einen Selbstmordversuch und begann
anschließend eine harte Therapie in einer Klinik, um vom Heroin
loszukommen. Vier Jahre lang verschwanden Depeche Mode von der Bildfläche
und erholten sich von den Strapazen der vergangenen fünfzehn
Jahre.
1997
knüpften sie mit "Ultra" an ihre vorangegangenen Erfolge
an. Ihre anschließende Werkschau "Singles '86-'98"
brachte die alten Hits in Erinnerung.
Von
ihrem ersten Album ("Speak and spell", 1981) an gehörten
Depeche Mode zu den Top-Stars der Wave-Szene, und bis heute kommt
kein Sampler mit den Hits der 80er ohne ihre Hits wie "People
are people" oder "Everything counts" aus. Die Art,
wie sie auf Röhren und Fässern eintrommelten oder das Rattern
von Produktionsmaschinen und Presslufthämmern als Grundrhythmus
verarbeiteten, hatte immer etwas hintergründig zorniges und gewalttätiges,
sowohl die Band als auch ihre Fans schienen in der Musik ihre Aggressionen
auszuleben.
Mit
der Verarbeitung und Verfremdung der Klänge der industialisierten
Welt setzten Depeche Mode eine Kunstrichtung durch, wie sie heute
in Ausstellungen und Museen überall auf der Welt gesehen, gehört,
erlebt werden kann.
Persönlich
waren die Mitglieder der Band wohl ab einem bestimmten Zeitpunkt überfordert.
Der Absturz in Sucht und Drogen war die Folge des rasanten Erfolgs,
dessen Kehrseite.
Nun
aber scheinen die Krisen überwunden. Das letzte Studioalbum "Exciter"
geriet zum weltweiten Erfolg und trug sicherlich zur Stabilisierung
der zum Trio geschrumpften Band bei. Anschließend konnten sich
Dave Gahan und Matin L. Gore endlich einmal wieder mit ihren Solo-Projekten
beschäftigen. Beide haben inzwischen ein neues Album veröffentlicht
und mit ihren Projekten auch auf Tour gehen. Gut möglich, dass
sie sich dabei auf der einen oder anderen Festivalbühne begegnen.
©
Michael Frost / 01. März 2001
update: 11. Mai 2003
Foto: Anton Corbijn, mute.de