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Die Seele der Stadt


"Er ist das Wesen von Buenos Aires." Mit diesen Worten beginnt Sandra Luna den "Tango Varón", und man spürt es sofort, dieses Wesen mit seiner Aura aus Sehnsucht, Dramatik und Verlangen. "Es ist in seinen Bewohnern und auf seinen Straßen", singt sie, und vielleicht ist es keine Überhöhung, den Tango zur Seele der Stadt zu stilisieren, der mit der Gefühlslage ihrer Bewohner korrespondiert, ihrer Leiden und Leidenschaften.

"Tango ist wie das Leben und muss immer wieder auferstehen", sagt Sandra Luna. Er brauche eine sichere Stimme, "die mit voller Kraft ertönt, während das Volk weint". Damit beschreibt sie die Wirkung des Tangos zutreffend. Wie der Fado für die Einwohner Lissabons, so gilt der Tango als Ausdruck des Grundgefühls der Menschen in Buenos Aires, ihrer Ängste, Träume und Sehnsüchte.

Obwohl sie erst 1966 geboren wurde, also weit nach Legenden wie Astor Piazzolla und Carlos Gardel, sucht Sandra Luna heute ihre Ausdrucksform im Tango, wie er in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Argentinien populär wurde. "Tango Varón" enthält einige Titel aus dieser Zeit, darunter "Lejana tierra mia" und "Soledad" (Gardel) oder "El gordo triste" (Piazzolla).

Da sie aber auch mit zeitgenössischen Komponisten, Textern und Arrangeuren zusammenarbeitet, erfindet Sandra Luna mit ihren Liedern jedoch eine aktuelle, moderne Version des Tango, die sich zwar auf ihre historischen Vorbilder bezieht, dabei aber auf jeden musealen oder antiquierten Habitus verzichtet. Hör- und fühlbar wird dieser Tango von einer jungen, modernen und emanzipierten Frau interpretiert, die virtuos mit seinen Gefühlen spielt, wandlungsreich, spannungsvoll, leidenschaftlich.

Die ganze Bandbreite dieser Emotionen spiegelt sich in der musikalischen Umsetzung wider. Hierfür stehen bereits die üblichen Instrumente - vor allem Geige und Bandoneon, aber auch Gitarre und Klavier. Beim "Tango Cantión", dem gesungenen Tango, kommen Stimme und Text hinzu.

"Tango Varón" wurde mit den klassischen Begleitinstrumenten aufgenommen. Dem unverzichtbaren Bandoneon widmet Sandra Luna sogar einen ganzen Titel: "Ché Bandoneón" versucht, den elegischen Klang dieses einzigartigen Instruments in Worte zu fassen:

"Dein Lied ist die unerwiderte Liebe // der Himmel, von dem wir einst träumten // und ein gewaltiges Bedürfnis zu weinen // das uns manchmal grundlos überkommt ..."

© Michael Frost, 14. Februar 2004

Tango bei CD-KRITIK.DE:

Soledad, Gotan Project, Lydie Auvray

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