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Wegen Billie


Nicht wie, sondern wegen Billie Holiday sei sie, sagt Molly Johnson, fast mit philosophischem Unterton. Respektvoll weist sie den Vergleich mit der größten Sängerin des 20. Jahrhunderts weit von sich: ihre Biografien hätten keine Gemeinsamkeiten. Und da Leben und Musik im Werk von Billie Holiday eine untrennbare Einheit bildeten, muss Molly Johnsons Input in der Tat von anderer Stelle herrühren.

Molly Johnsons Eltern sind US-Amerikaner, doch Molly wuchs in Toronto auf. In Kanada (und Frankreich) erschienen auch ihre beiden ersten Alben, "If you know love" ist nun die erste CD, die auch in Deutschland veröffentlicht wird, wenn auch mit leicht veränderter Tracklist gegenüber dem kanadischen Original "Messin' around".

Molly Johnson ist eine berührende Sängerin mit ausgeprägter Charakterstimme, die sowohl im Vocal Jazz als auch im Blues zuhause ist und beide Richtungen mit beeindruckender Sensitivität zu interpretieren versteht, vergleichbar mit einer anderen Kanadierin, ihrer gefeierten Kollegin Madeleine Peyroux.

Als Jazzmusikerin kann Molly Johnson sich darüber hinaus mühelos in ihr Ensemble einordnen, sprich: gelegentlich aus der ersten Reihe zurücktreten und ihren Musikern das Feld für Solopassagen und Improvisationen überlassen. "Wir haben immer alle live und zusammen gespielt, ohne jegliche Overdubs", sagt Johnson über den Aufnahmeprozess.

Die direkte Kommunikation zwischen Sängerin, Instrumentalisten und Background-Sängern hat sich ausgezahlt, die Stimmung auf "If you know love" ist mit Händen greifbar, dicht und authentisch, als wäre man beim Auftritt der Band in einem überfüllten Jazzkeller zu vorgerückter Stunde zugegen.

Molly Johnson ist sicherlich keine Modernisiererin. Sie liebt die Standards von Cole Porter ("Let's do it") bis George und Ira Gershwin ("But not for me") in ihrer klassischen Form und variiert die Originale nur wenig. Die vielen Eigenkompositionen des Albums fügt sie stilsicher ein, bis alle Songs wie aus einem Guss wirken. Das gilt selbst für einen "neueren" Klassiker, den sie aufgrund ihres Engagements für die AIDS-Hilfe in ihr Repertoire aufnahm: "(Streets of) Philadelphia", Bruce Springsteens Titelsong zu Jonathan Demmes Filmdrama.

Mit Molly Johnson hat die illustre Riege junger Frauen mit großen Jazz-, Blues- und Soulstimmen von Madeleine Peyroux, Amy Winehouse, Macy Gray, Malia und vielen weiteren klangvollen Zuwachs erhalten. Sie alle sind, was sie sind, wegen Billie Holiday. Und alle gemeinsam unterstreichen sie, dass gute Musik auch heute keinen multimedialen Promotionzirkus benötigt. Manchmal sagt eine Stimme mehr als tausend Worte.

© Michael Frost, 16.06.2007

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