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Gestern, Heute und
Morgen des Soulpop


Dank des Films "Dream girls" ist der Surpremes-Soul gerade wieder in aller Munde. Als viertes Mitglied des legendären Frauen-Trios um Diana Ross bietet sich nun die Britin Amy Winehouse an. Seit ihrem Debüt-Album "Frank" mit Lorbeeren überhäuft, wird nun bereits ihr zweites Album "Back to black" gefeiert, in Deutschland kaum erschienen, doch in England wurde sie bereits als "Female Artist of the Year" mit einem Britaward ausgezeichnet.

Wer "Back to black" in den CD-Spieler schiebt, wird ihr diesen Preis nicht mehr aberkennen wollen. Das Stimmvolumen ist berückend, der Ausdruck intensiv, das Tempo groovt, der Gesamteindruck verdreht Kopf und Sinne.

"Back to black" gerät als Erlebnis umso umwerfender, als man sich vor Augen hält, dass Amy Winehouse das komplette Gegenteil der Klischee-Falle ist, in die man beim bloßen Hören ihres Albums tappt. Denn tatsächlich ist Amy Winehouse weiß, britisch und gerade einmal 22 Jahre jung.

Andererseits wirkt der betörend schmachtende Lolita-Blick, den sie für die Coverfotos aufsetzt, fast ironisch. Es wäre nämlich grob fahrlässig und brandgefährlich, Amy Winehouse auf den lasziv-naiven Charme ihrer Bilder zu reduzieren. Denn "Back to black" weist sie nicht nur als Sängerin, sondern vor allem als großartige Songschreiberin aus: Alle Songs stammen aus ihrer eigenen Feder.

Damit gehört sie eigentlich zur "XY sucht den Superstar"-Generation, die sich mit seelenlosem und überwiegend talentfreiem Karaoke-Gesinge begnügt. Doch Amy Winehouse ist ganz anders, hat trotz des jugendlichen Alters einige wilde Jahre hinter sich, deren musikalische Reflexion im Soulpop und Blues der 50er und 60er Jahre sinnig und authentisch erscheint, auch wenn "Back to black" eine freche Irreführung ist, denn Amy Winehouse verweist damit auf eine Zeit, die sie selber natürlich nie erlebt hat.

Und doch hat sie den Soul der Girl-Groups und das Achterbahn-Leben einer Billie Holiday in sich aufgesogen und sich zueigen gemacht, bis schließlich ein Album entstand, das klingt, als sei Amy Winehouse selbst Teil einer ganz anderen Epoche - und dennoch auf der Höhe des neuen Jahrhunderts. "Heute bin ich mir gar nicht mehr sicher, wie wir es in der kurzen Zeit überhaupt geschafft haben, eine derart schlüssige und runde Platte aufzunehmen", sagt sie rückblickend.

Eine Aussage, die für das intuitive Vorgehen spricht, und eine geradezu empathische Fähigkeit, sich in eine fremde Zeit einzufühlen, ihre Atmosphäre und ihr Temperament, und sie sich bis in die Details zu eigen zu machen. Schon werde Amy Winehouse, kolportiert die Plattenfirma, als Interpretin des nächsten James Bond-Titelsongs gehandelt. Für die Bewerbungsmappe empfiehlt sich bereits "Love is a losing game" vom aktuellen Album. Shirley Bassey war gestern, Amy Winehouse ist morgen. Und was wird sie dann erst für Songs schreiben?! Und so besteht kein Zweifel: Amy Winehouse ist das Gestern, Heute und Morgen des Soulpop in einer Person.

© Michael Frost, 03.03.2007

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