In
Italien formiert sich mittlerweile eine junge Musikszene, die sich abseits
des gängigen Italo-Pop-Klischees um künstlerische Erneuerung
bemüht und Anschluss an die internationale Alternative- und Electronica-Szene
sucht. Eine dieser kreativen Nachwuchsbands ist die in Reggio Emilia
beheimatete Gruppe "Giardini di Mirò".
Der
Band-Legende nach wurde "Giardini di Mirò" aus einer
Rippe gemacht. "Nicht aus Adams Rippe, aber aus der von Corrados
Onkel", der in den 70er Jahren in einer Band gleichen Namens
in Rom spielte. Die "neuen" Giardini di Mirò (Jukka
Reverberi, Lorenzo Lanzi, Mirko Venturelli, Luca di Mira, Corrado
Nuccini) entliehen den Namen und behielten das Ziel des Onkels bei:
die Entwicklung progressiver Musik.
Ihr
erstes Album - vorausgegangen waren einige EPs - erschien 2001: "Rise
and Fall of Academic Drifting". Inzwischen war mit Manuele Reverbi
(Geige, Trompete) das sechste Mitglied zu der Band gestoßen.
Mit seinen Instrumenten erweiterte er den Grundton der Bandmusik hin
zu einer sehr melancholischen, assoziativen Stimmung und getragenen
Instrumentenläufen von bizzarer Schönheit.
Bei
aller Vorsicht könnte man Giardini di Mirò vielleicht
als die italienische Variante von Sigur Rós bezeichnen. Parallelen
ergeben sich durch die gemeinsamen Wurzeln in der Struktur der Rockmusik,
d.h. Gitarre, Schlagzeug, Bass und deren Erweiterung um zahlreiche
akustische Instrumente (Trompete, Geige, Klarinette, Klavier). Der
Gesang spielt eine untergeordnete Rolle - die meisten Stücke
sind instrumental - und sollen offenkundig nicht von den Kompositionen
ablenken.
Durch
"Rise and Fall of Academic Drifting" wurde auch die internationale
Electronica-Szene auf Giardini di Mirò aufmerksam, darunter
Herrmann & Kleine aus Berlin, Thomas Knak ("Opiate")
aus Dänemark, Turner und isan aus England, der Belgier Arne van
Petegem ("Styrofoam"), oder Jason Ruddy ("ErrorEncountered")
aus den USA.
Jeder
der Beteiligten übernahm den Remix eines der Originale. Das Ergebnis
liegt inzwischen als Album vor: "The Academic Rise of Falling
Drifters". Und schon der dem Original zum Verwechseln ähnliche
Albumtitel zeigt, dass die Soundtüftler recht behutsam mit ihren
Vorlagen umgegangen sind. Die Grundstruktur der Songs blieb weitgehend
erhalten und wurde, etwa beim Opener "A new start", lediglich
mit digitalen Klängen unterlegt. Die verloren wirkende Melancholie
der Songs wird dadurch weiter unterstrichen und gewinnt nochmals an
Intensität.
Zur
Veröffentlichung des Remix-Albums "The Academic Rise of
Falling Drifters" wurde eigens eine Website entwickelt, auf der
nicht nur sämtliche Album-Titel angehört werden können,
sondern auch Interviews mit den beteiligten Remix-Künstlern über
ihre Herangehensweise zu lesen sind.
Giardini
di Mirò stehen erst am Anfang einer viel versprechenden Karriere.
Im November 2002 waren sie bereits für einige Konzerte in Deutschland.
Weitere werden sicherlich folgen.
©
Michael Frost, 01. Februar 2003