Im
Pariser Olympia aufzutreten, bedeutet noch immer eine große Ehre,
einen Ritterschlag. Für französische Musiker sowieso, aber
für Ausländer mindestens im gleichen Maße. Wer hier
auftritt, der hat „es“ geschafft, ist ein Star und veröffentlicht
als Ruhmes-Beweis einen Live-Mitschnitt von einem Konzert im Olympia.
CESARIA EVORA bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme, in jeder anderen
schon.
Sie
ist ein Welt-Star aus einem Land, das vor ihrem Auftauchen eigentlich
niemand so recht kannte, und sie ist Vertreterin einer Musikrichtung,
die vor ihr noch viel weniger Menschen kannten. Die EVORA lebt auf
Cabo Verde mitten im Atlantik. Geographisch gehört die Inselgruppe
zu Afrika, kulturell bildet sie eine Brücke zwischen Portugal,
Brasilien, der Karibik und den von den Portugiesen auf die Kapverden
verschleppten afrikanischen Sklaven.
Der
dort gesprochene kreolische Dialekt ist heute für Portugiesen
und Brasilien gleichermaßen unverständlich, und auch musikalisch
bildete sich auf den Kapverden eine eigene Stilrichtung heraus, die
von den ehemaligen Sklaven begründet und den zwischen Brasilien
und Portugal verkehrenden Seeleuten beeinflusst wurde.
So
mischen sich in der Musik CESARIA EVORAs der Fado Lissabons und der
Bossa Nova Bahïas, die Samba Rio de Janeiros und die Gesänge
und Percussions der Sklaven Westafrikas genauso wie Tango und Salsa,
Blues und Beguine. Das Ergebnis dieser pulsierenden Rhythmen nennen
die Kapverden „Morna“, für die Insulaner laut CESARIA EVORA „Religion
und Therapie“ zugleich.
CESARIA
EVORA verdiente Zeit ihres Lebens ihr Brot mit Auftritten in Clubs
und Bars ihrer Heimatstadt Mindelo auf der Kapverden-Insel São
Vicente, bis sie 1993, damals immerhin schon 52 Jahre alt, von einem
Franzosen kapverdischer Herkunft, zu Plattenaufnahmen nach Paris geholt
wurde. Der Rest ist Geschichte und fand noch im selben Jahr einen
triumphalen Höhepunkt bei zwei Konzerten im Olympia, deren schönste
Momente auf „CESARIA EVORA LIVE À L’OLYMPIA“ festgehalten wurden.
Die
„Morna“, als deren Königin die EVORA gilt, lindert Leiden, lässt
alle Schwierigkeiten vergessen und erlöst von der Traurigkeit.
Das gilt nicht nur für die Bewohner der Kapverden. Probieren
Sie es aus !
AG
/ 23. September 2000
Foto: www.caboverde.com