Manche
Lieder kommen nie wirklich aus der Mode, selbst wenn sie bereits vor
dreißig, vierzig oder gar fünfzig Jahren entstanden sind.
Robbie Williams bemächtigte sich vor einiger Zeit einiger der Klassiker
der amerikanischen Unterhaltungsmusik und löste damit sogar ein
weltweites Swing-Revival aus.
Der
erste auf diesem Gebiet war Williams freilich nicht. Es gibt andere
Jazz- und Swing-Interpreten, die nicht nur besser singen können,
sondern auch besser aussehen und obendrein noch eigene Lieder im Stil
der alten Vorbilder schreiben. So wie Tuey Connell.
Der
Sänger, Gitarrist und Songwriter wurde in Conneticut geboren.
Auf dem elterlichen Weingut fand er früh zur Musik, lernte Banjo
spielen, gab mit seiner Klavier spielenden und singenden Mutter Susan
abendliche Sessions im heimischen Wohnzimmer. Seit seinem Umzug nach
Chicago widmet Connell sich der professionellen Musik. Er absolvierte
Auftritte in Clubs, bei Hochzeits- und Familienfeiern, bis es endlich
- 1999 - zum Album-Debüt kam. "Is this love", so der
Titel seiner ersten CD, wurde begeistert aufgenommen.
Am
meisten beeindruckt zeigten sich Kritiker und Publikum von der stimmlichen
Reife Connells. Bereits in dieser frühen Phase seiner Karriere
verfügt er über ein Timbre wie der späte Sinatra. Warm,
elegant und gehaltvoll wie ein Wein besten Jahrgangs vom Gut seiner
Eltern sind seine Interpretationen, und dabei alles andere als alt,
museal und konservierend.
Seine
Modernität äußert sich in der Experimentierfreude,
mit der er sich alter Standards annimmt. So präsentiert er den
unzählige Male gecoverten Klassiker "No Moon at all"
(Evans/Mann) in einer sich selbst am Banjo begleitenden Fassung.
Zu
hören ist diese Version auf "Under the Influence",
Connells soeben erschienenen dritten Album. Mehr noch als seine beiden
vorigen CDs ist das neue Album eine Art "Portfolio" seines
Zugangs zur Musik seiner Vorbilder. Erstmals enthält es mehr
Coverversionen als eigene Stücke, mit denen Connell den Wegbereitern
des "Great American Songbook" seinen Tribut zollt . Mit
seiner behutsam agierenden Begleitband, die aus Steve Klink (Piano),
Henning Gailing (Bass), Markus Rieck (Drums) und Geof Bradfield (Tenorsaxophon)
besteht, arrangiert er die Zeitlosigkeit der Klassiker neu und fügt
mit leichter Hand eigene Kompositionen hinzu, die sich harmonisch
in das Gesamtkonzept integrieren - Connell ist tief in die Seele seiner
Vorbilder eingetaucht und kombiniert ihre herausragendsten Qualitäten
in seinen überwiegend melancholisch-ruhigen Songs aus Swing,
Blues, Soul und Jazz.
Besonders
die unkonventionell improvisierenden Saxophon-Soli machen den angenehm
frischen Wind aus, der auf "Under the Influence" weht. Die
spürbare Interaktion zwischen den Instrumenten und der lässigen
Souveränität von Connells vielschichtiger Stimme trägt
den Zuhörer auf entspannten Klangwellen durch das ganze Album
- herrlich entspannt lässt man sich fallen um nur noch zu genießen.
Lässiger
als Sinatra, kräftiger als Chet Baker, mit spürbar männlichem
Esprit - so sind es schließlich wir, die Zuhörerinnen und
Zuhörer, die wie von selbst "Under the Influence" geraten
sind. Unter den Einfluss von Tuey Connell - einer aufregend neuen,
großen Stimme.
©
Michael Frost, 01.10.2003