Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Legende des Cool Jazz


Chet Bakers Leben hat alles, was man zur Legenden-Bildung benötigt. Oft nennt man ihn den "James Dean des Jazz", was auch immer das heißen soll. Vielleicht ist es der zerbrechliche Ausdruck von Einsamkeit und Melancholie, der sie einander ähnlich machte, vielleicht ihre Attraktivität, vielleicht ihr exzessiver Lebensstil, ihr Hang zur Tragödie. Wie auch immer, der Vergleich erklärt alles und nichts zugleich.

Baker wurde 1929 in Oklahoma geboren, lernte mit 13 Trompete und spielte bis zu seiner Ausmusterung 1951 in einer Band der US-Army, u.a. auch in Westberlin. Danach widmete er sich der Jazz-Szene in den Staaten, gründete mit Gerry Mulligan dessen gleichnamiges Quintett, um es ein Jahr später wieder zu verlassen und eine eigene Gruppe zu gründen. In dieser Zeit seiner frühen Erfolge wurde Baker erstmals wegen Drogenbesitzes verhaftet, machte aber außerdem seine ersten, ebenfalls sehr erfolgreichen Gesangsaufnahmen.

1959 erfolgte Bakers erneute Verhaftung wegen Drogen: in New York wurde er zu einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Gleiches passierte ihm in den Folgejahren in Europa: Gefängnisstrafe in Italien, Ausweisung seiner Frau, psychiatrische Behandlung in Deutschland, dann erneute Verhaftung und 1964 Ausweisung aus Deutschland.

Als ihm Ende der 60er Jahre bei einem Streit sämtliche Zähne ausgeschlagen werden, ist das Karriere-Ende nah. Baker muss sich einem Methadon-Programm unterziehen und kann 1973 erstmals - mit künstlichen Zähnen - wieder öffentlich auftreten.
Alles klang nach Happy End, selbst wenn die Drogen seine Stimme ruiniert hatten und er keine neuen Gesangsaufnahmen mehr machen konnte: Vor allem in Europa blieb ihm eine treue Fan-Gemeinde erhalten, er tourte vorwiegend durch Italien, Belgien und die Niederlande, und seit 1979 durfte er auch wieder nach Deutschland einreisen. Zahlreiche Plattenproduktionen entstanden in dieser Zeit.

1988, am 13. Mai, starb Chet Baker in Amsterdam. Er war aus dem Fenster seines Hotelzimmers gefallen. Für Mord oder Selbstmord gibt es keine Belege, aber: Wie es sich für eine Legende gehört, verstummen die Gerüchte nicht.
Chet Baker ist als Trompeter und als Sänger einer der wichtigsten Vertreter des Cool Jazz. Seine Interpretationen sind einfach, geradlinig und schnörkellos - und an Intensität, ja Intimität nur noch durch seinen Gesang zu überbieten. Es ist, als spiele er die Trompete mit der Seele und nicht mit dem Mund.

Damit steht sein künstlerisches Werk auf den ersten Blick im Widerspruch zu seinem bewegten Leben: Hier der Meister der zurückhaltenden, geradezu introvertierten Töne, dort der Mensch Chet Baker mit seinem exzessiven Lebensstil im scheinbar ausweglosen Drogenrausch. Aber der Widerspruch existiert nur bei oberflächlicher Betrachtung:
Vielleicht drücken "beide" Seiten Chet Bakers in Wirklichkeit haargenau die gleiche Sehnsucht aus, die gleiche Hoffnung und die gleiche Verzweiflung, letztlich das, was uns alle seit jeher umtreibt: die Suche nach dem Sinn.

 

 

MF / 19. Dezember 2000

 

Quelle der biographischen Daten: www.jazzplanet.com
Foto: www.chetbaker.net

 

[Archiv] [Up]