In
Peru, so heißt es, sei die Bevölkerung entweder indianischer
oder afrikanischer Herkunft - vermutlich jedoch hat jeder Peruaner Vorfahren
aus beiden Linien, d.h. der Inkas oder der afrikanischen Sklaven, die
von den spanischen Eroberern seit dem 16. Jahrhundert nach Südamerika
verschleppt worden waren.
Gänzlich
ausgerottet werden konnten die jeweiligen Kulturen nicht, und so finden
sich Versatzstücke auch noch in der heutigen Arbeit peruanischer
Künstler. Eva Ayllón ist hierfür ein Beispiel. Die
Musikerin, die mit ihrem selbstbewusst betiteltem Album "The
Afro-Peruvian Legend" dank des engagierten Weltmusik-Labes "World
Connection" erstmals den Weg nach Europa nimmt, entwickelt ihren
Sound aus unterschiedlichen Traditionen sowohl der indianischen Ureinwohner
als auch der afrikanischen Sklaven, spanischer Gitarre und Tanzrhythmen,
die wir inzwischen wohl als "typisch" lateinamerikanisch
bezeichnen würden: Bolero, Salsa.
Dieser
afrikanisch inspirierte Stil ist in Peru bereits seit den 1950er Jahren
populär. Eva Ayllón mit ihrer inzwischen dreißigjährigen
Bühnenerfahrung ist eines der wichtigsten Aushängeschilder
dieses Genres. Die Erfahrung ist ihrem Album deutlich anzuhören,
denn angesichts komplizierter Taktwechsel innerhalb der Songs braucht
es eine souveräne Stimme wie die ihre, um den Zuhörer sicher
durch die raffinierte Rhythmik zu geleiten. Eva Ayllóns in
der Tat "herausragende Stimme" (Washington Post) ist der
Dreh- und Angelpunkt ihrer Songs. Sie moduliert und variiert, sie
spielt mit ihren instrumentalen Begleitern, immer wieder nämlich
bricht sie stimmgewaltig aus der vorgesehenen Songstruktur aus und
verleiht ihrer Interpretation dadurch ein besonderes Maß an
Spontaneität und Temperament.
Inzwischen
hat Eva Ayllón ihre ersten Auftritte in Europa absolviert.
Bei Freunden einer sehr ursprünglichen und unverfälschten
Variante lateinamerikanischer Musik wird sich die Kunde von ihrem
Album zu recht sehr schnell verbreiten. Dabei ist unerheblich, ob
man den Status der "Legende", den ihr Albumtitel erhebt,
adaptieren möchte oder nicht. In jedem Fall ist die Weltmusik-Szene
um einen bedeutenden Namen reicher.
Eva
Ayllón: "The Afro-Peruvian Legend" (WC43053)
World Connection (LC 10236) / EDEL Contraire
©
Michael Frost, 25.04.2005