"Wer
Musikschulen schließt, schadet der inneren Sicherheit." Der ehemalige Bundesinnenminister
Schily wurde nicht müde, mit diesem gebetsmühlenartig wiederholten
Satz die Bedeutung einer musikalischen Ausbildung für die Entwicklung
von Kindern und Jugendlichen zu unterstreichen. Die Färöer-Inseln
müssten demnach als Paradies gelten. "Musik ist ein fester
Bestandteil unserer Gesellschaft", erzählt der junge Songwriter
Teitur, der von den Färöer stammt, die als autonome Provinz
zu Dänemark gehören. In jedem Haus finde man ein Instrument,
er selbst habe mit 13 Jahren begonnen, mit Gitarre und Sequenzer eigene
Songs zu entwickeln, die er mit seiner damaligen Gruppe einstudierte.
Schon
in seinen frühen Jugendjahren schrieb Teitur seine Songs auf
Englisch. Faröisch (auch Färingisch genannt) ist zwar seine
Muttersprache, doch die wird weltweit lediglich von 40.000 Menschen
gesprochen. Außerdem orientierte Teitur sich nie an der traditionellen
Musik seiner Heimat, sondern an der europäischen Popszene, und
die artikuliert sich auf Englisch. "Außerdem", konstatiert
er, "ist der englische Wortschatz riesig".
Aus
dem Reichtum der Sprache bedient er sich inzwischen ausgiebig. Seit
er die Färöer im Alter von nur 17 Jahren verließ,
um fortan zwischen Kopenhagen, London und New York zu pendeln, schreibt
er seine Songs, die er, produziert von Rupert Hine, der u.a. auch
mit Suzanne Vega arbeitete, auf seinem Album "Poetry & Aeroplanes"
erstmals einer internationalen Öffentlichkeit präsentierte.
Dort,
wo das Album bereits veröffentlicht wurde, zeigen sich Publikum
und Kritiker gleichermaßen hingerissen von seinem unverbrauchten
Songwritercharme. "Mit eindringlicher und intimer Stimme, die
zwischen James Taylor und Sting liegt, singt Teitur sich mitten in
die Herzen seiner Zuhörer", befand etwa der dänische
Kritiker Erik Barkman Petersen, und: "Wir, die ihn schon live
gesehen hatten, fanden es schon lange, doch mit 'Poetry & Aeroplanes'
wird es offiziell: Mit dem Färinger Teitur hat Dänemark
einen Singer/Songwriter von internationalem Format." Im Juli
2004 durfte er sogar ein Festival anlässlich der Hochzeit des
dänischen Kronprinzen und bekennenden Rockfans Frederik eröffnen.
Inzwischen hat Teitur sich in der internationalen Songwriter-Szene längst etabliert, dafür sorgte sein zweites Album "Stay under the stars" mit wahrhaft großen Melodien und Texten, die von detailgenauer Beobachtungsgabe zeugen.
Seine
unprätenziösen Lieder sind Schnappschüsse kleiner Alltagsbegebenheiten,
wie beiläufig beobachtet, zufällig eingefangene Momentaufnahmen.
Teitur erzählt auf den ersten Blick keine Geschichten, sondern
sammelt Augenblicke. Tritt man jedoch einen Schritt zurück, wird
man die gemeinsame Geschichte, die von den einzelnen Songs mosaikartig
erzählt wird, erkennen. Egal, ob es um das Verdrängen eigener
Verletzungen geht, die Hoffnung
auf Beständigkeit, die
Suche nach Liebe, Angst vor ihrem Erlöschen oder das Finden einer
Balance zwischen Partnern - es sind
die kleinen, oft ungesagten Dinge in unserem Alltag, die Teitur in
Worte und Melodien fasst.
Das
gelingt ihm auf eine so unspektakuläre Weise, wie man sie vielleicht
zuletzt auf David Grays Album "White ladder" vorfand. Über
Gray sagten Kritiker damals, man werde sich nach dem Hören seiner
Platten besser fühlen. Dieser Satz gilt uneingeschränkt
auch für Teiturs drittes internationales Album, das er schlicht "The Singer" betitelte. Und
zwar ganz ohne Nebenwirkungen. Das freut nicht nur den Ex-Minister.
©
Michael Frost, 15. November 2004
Update: 20.03.2008