Das
Klischee ist sowieso unvermeidlich, haken wir es also gleich zu Beginn
ein für allemal ab: Die Wikinger sind zurück. Sie tarnen sich
als Orchester - "Kaizers Orchestra" gar - was nach distingiertem
Caféhaus klingt. Doch Vorsicht ist geboten, denn "Ompa til
du dør" ist der Schlachtruf der eigenartigen Norweger: "Ompa"
wurde dem "Humpa Humpa" bayerischer Festzeltlyrik entlehnt.
Und der Nachsatz "til du dør" ? - "Bis du stirbst".
Mit
ihrem gleichnamigen Debüt-Album "Ompa til du dør"
holte das Orchester in seiner norwegischen Heimat Doppelplatin: 150.000
verkaufte Exemplare. In Relation zum deutschen Plattenmarkt liegt
Kaizers Orchestra damit noch oberhalb der Grönemeyer-Kategorie.
Dabei
kam der kommerzielle Durchbruch durchaus überraschend: Fünf
Jahre lang tingelte das wilde Sextett, das gerne schon einmal mit
Gasmasken auf die Bühne kommt, zwischen Oslo und Narvik, gab
um die 150 Konzerte pro Jahr - und hatte keinen Plattenvertrag. Als
sich dieser dann schließlich anbot, hatte Kaizers Orchestra
bereits einen unschlagbaren Vorteil: Einerseits Newcomer, andererseits
aber längst berühmt und berüchtigt. Der Rest entwickelte
sich praktisch von selbst.
Kaizers
Orchestra selbst bleibt aber eine Live-Band. "Unsere Platten
eignen sich nicht zum Hinsetzen und Abendessen", sagen die Bandmitglieder.
Dafür
ist die Musik von Jan Ove Ottesen (Gesang, Gitarre), Geir Zahl (Gesang,
E-Gitarre), Terje Vinterstø (E-Gitarre, Mandoline, Tamburin),
Rune Solheim (Schlagzeug, Percussion), Helge Risa (Tasten) und Jon
Sjøen (Bass) wirklich zu laut. Ergänzt um diverse Gastmusiker,
Bläser, Streicher und Chor zwingen sie dem Zuhörer ihren
Rhythmus auf.
Und
der hat es in sich: Tatsächlich dürfte die verrückte
Fusion aus wilden Sauf- und Seemannsliedern, Polka, Pogues und Pogo,
vorgetragen in breitem norwegischen Dialekt, in der Musiklandschaft
beispiellos sein. Inspiriert wurden sie einst durch Goran Bregovichs
Soundtrack für Emir Kusturicas "Underground". Doch
heute geben sich die Kaizers betont ahnungslos: "Einige halten
unsere Musik für osteuropäische Zigeunermusik oder Kabarett,
aber wir selbst hatten davon zuvor keine Ahnung. In Wirklichkeit machen
wir doch bloß Rock'n'Roll ... nur auf eine andere Art."
Diese
'andere' Art blieb auch den nordischen Nachbarn nicht lange verborgen.
Die Nordländer eroberten das Rockfestival im dänischen Roskilde
2002 im Sturm, und die Veröffentlichung ihres Debüt-Albums
"Ompa til du dør" in Dänemark wurde alsbald
nachgeschoben.
Inzwischen
liegt schon die zweite Scheibe der verwegenen Sechs vor: "Evig
pint", erschienen im Frühjahr 2003 sowohl in Norwegen als
auch in Dänemark. Weniger gut zu sprechen sind Kaizers Orchestra
allerdings auf Schweden: "Die wollen prinzipiell keine norwegische
Musik hören", schimpfen die Kaizers in Interviews. Dafür
tourt das Orchester mittlerweile durch die Niederlande und hat auch
endlich einen Veröffentlichungstermin für Deutschland in
der Tasche: "Ompa til du dør" erschien am 25. August
bei PIAS, eine Woche nach dem Haldern-Festival, wo die Kaizers das
Publikums- und Medieninteresse zum Album-Start kräftig anheizen
wollen.
Im September folgen dann weitere Auftritte (s. Tour-Rubrik), und mit
ihrem entwaffnenden und hemmungslosen Partysound werden sie auch unsere
Konzertbühnen widerstandslos erobern. Absolut Polka !
©
Michael Frost, 01. August 2003