Dass
Diefenbach Ende der 90er Jahre in Kopenhagen zunächst als Instrumentalband
zwischen Postrock und Indie starteten, hört man ihnen heute kaum
noch an. Doch zunächst mischten Kenneth Sarup und Nicolaj S. Christophersen
(Gitarren), Allan Mattsson (Bass), Lasse Lyngbo (Keyboards/Samples)
und Stefan Gejsing (Schlagzeug) digitale und analoge Sounds und rockten
drauflos. So entstand ihr selbst betiteltes Album, das sie, wie auch
den Nachfolger ("Run Trip Fall", 2003), über ein eigens
gegründetes Label selbst vertrieben. In der kleinen Musikszene
Dänemarks ist dieses Vorgehen durchaus üblich: die Vertriebswege
sind kurz, das zu erreichende Publikum ist überschaubar, die Promotion
begrenzt sich auf einige wenige Medien, und um landesweite Aufmerksamkeit
zu erregen, reicht oft schon eine Mini-Tour mit maximal einer Handvoll
von Auftritten.
Andererseits
zwingt die Begrenztheit der eigenen Szene zur Internationalisierung.
Und genau diesen Schritt gingen Diefenbach bereits mit "Run Trip
Fall". Sarup und Mattsson legten ihren Gesang auf die Instrumentaltitel
und damit auch den Grundstein für den Beginn einer Karriere,
die Diefenbach zunächst über die skandinavischen Nachbarländer
bis Großbritannien führte.
Der
Teilnahme an verschiedenen Festivals, u.a. dem für die internationale
Independent-szene ungeheuer wichtigen Eurosonic-Festival in Groningen
im Januar 2005, folgt nun die erste wirklich internationale Veröffentlichung
des dritten Band-Albums "Set & Drift".
Dafür
unterschrieb die Band einen Vertrag mit dem britischen Indie-Label
"Wall of Sound", das sie mit dem erfahrenen Produzenten
Tom Elmhirst zusammen brachte, ihnen aber außerdem großzügige
Freiheiten einräumte, die sie für die Arbeit an "Set&Drift"
benötigten. "Wir haben unterschiedliche Stärken und
bringen alle unsere Ideen mit ein", erzählte Lasse Lyngbo
kürzlich einer dänischen Musikzeitschrift. "Die Kunst
ist dafür zu sorgen, dass niemand übergangen wird."
Die
interne Band-Demokratie verlängert den Produktionsprozess, weil
selbst geringfügige Details diskutiert werden müssen, andererseits,
so die Band, seien gerade die Verschiedenheit der Bandmitglieder und
der Zusammenhalt die Elemente, die schließlich auch in der Musik
zum Ausdruck kämen.
Der
Gesang, gewissermaßen ein weiteres Element dieses Ausdrucks,
hat den Diefenbach-Sound weicher und harmonischer gemacht. Manche
Titel, so etwa der besonders gelungene Song "On the move"
scheinen der Folkpop-Spur zu folgen, die von Bands wie Turin Brakes
gelegt wurde. Doch ebenso beherrschen Diefenbach laute E-Gitarrensounds,
auch wenn sie dadurch keineswegs zur Mainstream-Rockband werden. Eher
suchen sie ihre eigene Nische in der Bruchstelle zwischen Alternative,
60er-Jahre-Anleihen (The Byrds, Simon & Garfunkel) und Postrock.
Auf
die Frage nach ihrem größten Wunsch angesichts der internationalen
Veröffentlichung von "Set & Drift" antworten die
Band-Mitglieder mit sympathischer Offenheit (bzw. typisch skandinavischer
Bescheidenheit): "Wir wollen von unserer Musik leben können."
©
Michael Frost, 15.07.2005