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Der Moment zwischen
Nacht und Morgen


Eine junge Schwedin, eine Gitarre, zarter Gesang, die musikalische Umsetzung eines nordischen Herbsttages: eigentlich sind die Fakten zur Musik von Sophie Zelmani schnell umrissen. Aha, hört man sich sagen, kenn' ich. Aber: "Zelmanis Kompositionen sind so schön, dass sie an Van Morrison, Leonard Cohen, Neil Young und andere Größen erinnern". So schreibt es SPIEGEL-Redakteur Christoph Dallach, und damit liegt er völlig richtig.

Sophie Zelmanis "Lieder an der Grenze zur Stille" (Dallach) zeugen von filigraner Kunstfertigkeit, einem außergewöhnlichen Gespür für die gegenseitige Bedingung von Emotionen und Klängen, unprätenziöser, der Natur nachempfundener Schönheit. Wie ein einzelner Sonnenstrahl eine ganze Landschaft in funkelndem Glanz erstrahlen lassen kann, so gelingt es Sophia Zelmani mit wenigen Mitteln, Stimmung und Atmosphäre in ihr klares, helles Licht zu tauchen.

Dabei ist ihre Musik noch nicht einmal besonders bemüht innovativ oder modern. Kein elektronisches Gefrickel, keine Drums&Bass-Beats, kein Computer verfremdet die kristalline Transparenz ihres Sounds. Ihr reicht ein Klavier hier und da oder ein Blasinstrument, ein Backgroundsänger oder Duettpartner, der Anflug eines Countrysounds, doch überwiegend bleibt sie mit ihrer Gitarre und der Stille allein.

Damit beginnt ihre Musik genau in der Übergangszeit zwischen Nacht und frühem Morgen, in welcher die ebenfalls aus Schweden stammenden Cardigans ihr aktuelles Album enden ließen: "3.45 - No sleep".

"Love Affair" nennt Sophia Zelmani ihr neus, inzwischen fünftes Album. Einen Song gleichen Namens sucht man darauf jedoch vergebens. Als Thema ist die Liebe mit ihren verschiedenen Facetten zwar allgegenwärtig, aufgrund der Rezeption der CD steht jedoch zu vermuten, dass der Titel in Wahrheit für die Beziehung zwischen Publikum und der Musik steht.

Auch wenn Sophie Zelmani, die als sehr schüchtern und zurückgezogen lebend beschrieben wird, diese Verbindung vermutlich zurückweisen würde, denn ihre Musik klingt überhaupt nicht wie etwas, das für Dritte geschrieben und aufgenommen wurden, sondern im Gegenteil sehr privat, persönlich und viel zu intim für eine große Öffentlichkeit. Deshalb lauscht man ihr regungslos mit angehaltenem Atem, heimlich und fast aus Angst von ihr bemerkt zu werden.

Wenn Sie ihren Namen also weiter sagen (und das sollten Sie unbedingt tun!), dann bitte nur im Flüsterton. Sophia Zelmani ist nämlich ein echter Geheim-Tipp, im wahrsten Sinne des Wortes, und wenn sie mitbekommt, wie viele Menschen ihr inzwischen zuhören, vielleicht verschwindet sie dann einfach in ihr kleines Dorf in Schweden mit den bunten Häusern, umgeben von üppigen Feldern, und wir hören nie wieder etwas von ihr. Nicht auszudenken !

© Michael Frost, 06. Februar 2004


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