Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Laut und vernehmlich


Macy Gray - soviel darf man sagen, ohne ihr zu nahe zu treten - ist vermutlich nicht die Künstlerin, die den Anspruch erhebt, sich mit jedem Album neu zu erfinden.
Ihr Markenzeichen ist raubeiniger Soulpop mit einer Prise Hiphop und Funk, der zwar zum Mainstream gerechnet wird, dank ihres atemberaubenden Gesangs aber weit - sehr weit - aus dem üblichen Durchschnitt herausragt.

Kratzbürstig, chronisch heiser und leicht entflammbar ist das Volumen ihrer Stimme, die ihre Entsprechung in der üblicherweise wild toupierten Haarpracht und extravagantem Outfit findet: Macy Gray ist zweifellos ein der charismatischsten Erscheinungen der Popwelt - eine der besten Sängerinnen überhaupt

Gerade deshalb wünschte man sich manchmal, sie würde mehr aus ihrer Stimme herausholen. Denn auch "The Trouble of Being Myself", inzwischen ihr drittes Album, gefällt sich im Stile seiner Vorgänger "The ID" und "On How Life Is"; weder reichen die neuen Songs deutlich über deren Niveau hinaus, noch fallen sie spürbar dahinter zurück.

So wartet man auf "The Trouble of Being Myself" lange auf den einen herausragenden Moment, in dem Macy Gray zu wirklich großer Form aufläuft. Er kommt erst gegen Ende des Albums mit dem Song "Screamin'", in dem es dann endlich einmal laut, vernehmlich und dissonant zur Sache geht, und zwar in jeder Beziehung: "All of my troubles they go away when you're lying on top of me loving me down, making sounds and it's so good I am screaming ..."

Trotz des Gefühls, viele der Songs bereits zu kennen, weil sie sich von ihren bisherigen Alben kaum unterscheiden, sollte man Macy Gray auf keinen Fall unterschätzen. Die Texte - die sie im Unterschied zur Mehrzahl der Kompositionen selber schreibt - sind eine genauere Würdigung wert. "My Fondest Childhood Memories" beispielsweise: Macy Gray erzählt darin in surrealen Bildern die Geschichte eines Kindes, die ihren Babysitter tötet, weil die ein Verhältnis mit dem Vater hat.

Man mag bedauern, dass Macy Gray musikalisch nicht mutiger und experimentierfreudiger ist und auch auf "The Trouble of Being Myself" hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Songs wie "When I See You", "She Don't write Songs About You" oder "Jesus For a Day" sind eingängige Songs, mit deren Interpretation viele Sängerinnen absolut ausgelastet wären - doch Macy Gray verkauft sich damit unter Wert.
Das mag ungerecht und nach überzogenen Erwartungen klingen. Und so muss um der Gerechtigkeit willen unterstrichen werden, dass "The Trouble of Being Myself" selbstredend wieder einen starken Eindruck hinterlässt, was zeigt, wie viel Kraft Macy Gray allein im kleinen Finger hat. Was wäre das erst für ein Album, wenn sie einmal mit der ganzen Faust auf den Tisch schlagen würde !

© Michael Frost, 06. Mai 2003

Tipps zu ähnlichen CDs und Bands:

Lauryn Hill, Malia

[Archiv] [Up]